Zwei städtische Jugendhäuser stehen jetzt unter einer neuen Leitung: die Juxbude in der Innenstadt und das Jugendhaus Geschwister Scholl im Stadtbezirk Bärenkämpen. Während es in der Juxbude ein ganz neues Team mit Pia Kluge an der Spitze gibt, rückte in Bärenkämpen die dort bereits bekannte Sozialarbeiterin Silke Weber in die Leitungsfunktion auf. Sie folgt auf Heiko Horstmann, der nach 40 Jahren Tätigkeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit Ende September in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Juxbude
Die ausgeschriebene Stelle für die Juxbude in Minden habe sie sofort angesprochen, berichtet Pia Kluge im Gespräch. „Zunächst sei sie aber nicht sicher gewesen, ob sie auch die Leitung übernehmen wolle, deshalb habe sie gleich zwei Bewerbungen geschrieben. Denn auch die zweite hauptamtliche Stelle für die Juxbude war zeitgleich ausgeschrieben. Diese ist nun ab dem 1. Dezember mit Özge Kurban besetzt.
„Offene Jugendarbeit hat mich immer interessiert“, so Pia Kluge. Die Erzieherin und studierte Sozialarbeiterin hat zuvor für das ESTA-Bildungswerk in einem Jugendhilfeprojekt an einer Gesamtschule und in der sozialpädagogischen Familienhilfe in Bad Oeynhausen und auch im Kreis Schaumburg gearbeitet. Am 1. September hat Kluge das erste Mal die Tür der Juxbude für die Kinder und Jugendlichen aufgeschlossen. Unterstützt wird sie aktuell von Kira Hitschke, die sich im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) für ein soziales Jahr entschieden hat, und Nick Sprung, der ein duales Studium der sozialen Arbeit bei der Stadt Minden absolviert, sowie von mehreren Ehrenamtlichen.
Wenn im Dezember die neue Kollegin angefangen hat, sollen nach den Weihnachtsferien die bislang eingeschränkten Öffnungszeiten wieder erweitert werden. Dann will das Team auch die benachbarten weiterführenden Schulen besuchen und dort die Arbeit der Juxbude vorstellen. Wie in den anderen Mindener Jugendhäusern sind die Türen offen für alle, die Interesse haben, sich mit anderen Kindern und Jugendlichen zu treffen – wertfrei und selbstbestimmt. „Man schaut wer kommt und lässt sich auf die Themen der Besucher*innen ein und organsiert mit ihnen dann gemeinsam tolle Angebote“, so Kluge.
Momentan seien die Stammbesucher*innen in der Juxbude eher jünger. Es gebe aber auch noch ein paar ältere Mädchen und Jungen, die regelmäßig kommen und noch das vorherige Team kannten. „Es ist ganz normal, dass die Besucher*innen von Jugendhäusern wechseln und sich neue Gruppen bilden“, weiß Jugendamtsleiter Eckhard Mohrmann. Im Durchschnitt kommen zur Zeit überwiegend Zehn- bis 15-Jährige in die Juxbude, um dort auch einen Rückzugsort vom manchmal stressigen Schulalltag zu haben. „Manche spielen gerne Videospiele, manche mögen analoge Spiele, einige treffen sich an der Theke zum Quatschen, andere chillen einfach gerne“, beschreibt Pia Kluge den Alltag in der Juxbude.
Zu den Angeboten gehört neben Spielen auch das gemeinsame Kochen einmal pro Woche, „was sehr gut ankommt“. Pia Kluge singt in ihrer Freizeit und hat auch schon an Wettbewerben teilgenommen. „Mal schauen, ob ich dieses Talent in die Arbeit hier einbringen kann“, so die neue Leiterin. Es gibt auch eine Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek unter anderem bei der Nachtfrequenz. Die Fußball-AG soll im nächsten Jahr wiederbelebt werden. Für gemeinsame Fußballspiele kann der Kunstrasen-Platz an der Sporthalle des Ratsgymnasiums genutzt werden.
Die Stadt hat die Einrichtung 2015 vom Interkulturellen Begegnungszentrum (IBZ) Juxbude e.V., einem Verein für interkulturelle Jugendarbeit, übernommen. Das Jugendhaus ist der einzige Anlaufpunkt für Kinder und Jugendliche in der Innenstadt. Der Einzugsbereich geht aber darüber hinaus. Die Juxbude bietet vielfältige Angebote für Kinder und Jugendliche an. Aktuell ist die Einrichtung Montag von 15 bis 20 Uhr, Dienstag von 13 bis 18 Uhr und Mittwoch von 15 bis 20 Uhr geöffnet.
Darüber hinaus nutzen Fremdgruppen für Angebote für junge Menschen die Räume der Einrichtung. So treffen sich hier regelmäßig die Queere Jugend, die Flinte, das AWO Jugendwerk oder die Afro Kids. Ab Anfang 2025 soll es auch wieder donnerstags und freitags Öffnungszeiten geben. Wie in den anderen Jugendhäusern organisiert das Team der Juxbude auch in den Schulferien Ferienmaßnahmen. Im Sommer 2025 geht es zum Beispiel wieder mit einer Gruppe auf die beliebte Ferieninsel Ameland/Niederlande. Die Anmeldungen dazu beginnen im Dezember.
Jugendhaus Geschwister Scholl
Mit „Leib und Seele“ ist Silke Weber seit mehr als 36 Jahren in der offenen Jugendarbeit tätig. Am 1. Oktober hat sie die Leitung des städtischen Jugendhauses Geschwister Scholl übernommen. Sie bildete 34 Jahre lang mit Heiko Horstmann, der 40 Jahre hier aktiv war, ein eingespieltes Team. Silke Weber ist im „Scholl“ - wie die Einrichtung im Stadtbezirk Bärenkämpen abgekürzt genannt wird - eine geschätzte Fachkraft und Ansprechpartnerin. „Von vielen jungen Besucher*innen, die heute ins Jugendhaus kommen, kenne ich auch die Eltern noch als Kind, manchmal sogar die Großeltern“, berichtet Silke Weber im Gespräch.
Beziehungen aufbauen und Vertrauen gewinnen – das ist ihr sehr wichtig. Und das will sie als Leiterin nicht missen – auch wenn sie nun mehr bürokratische Aufgaben hat und sich mit „mehr Schriftkram“ beschäftigen muss. Darunter versteht Weber die finanzielle Verwaltung des Jugendhauses, den Mail-Verkehr, Abwicklung von Hausvermietungen, die Einhaltung von Brandschutzauflagen und auch regelmäßige Antikorruptionsschulungen, die für alle Mitarbeitenden der Stadt Minden Pflicht sind. Diese Aufgaben lagen bis Ende September schwerpunktmäßig in der Hand von Heiko Horstmann.
„Jeden Tag, wenn hier die Tür aufgeschlossen wird, freue ich mich auf die Mädchen und Jungen“, sagt Silke Weber. Sie bildet mit Thomas Fockel und der neuen Kollegin Stefanie Melcher das hauptamtliche Team des Jugendhauses. Unterstützt werden sie von durchschnittlich fünf bis acht Ehrenamtlichen am Tag. Zwischen 50 und 60 Kinder und Jugendliche kommen täglich von Dienstag bis Samstag in das Haus. Besonders beliebt ist der Freitag bei den Älteren, weil dann bis 21 Uhr geöffnet ist. Für die jüngeren Kinder gibt es einen eigenen Rückzugsbereich im Untergeschoss, welches auch einen direkten Zugang zur Grünfläche draußen hat.
Ob Kickerspiel, Fußball, Basketball im Hof, gemeinsames Kochen, Karten spielen oder einfach nur Chillen und Reden – die Mischung macht das Jugendhaus seit rund 40 Jahren zu einem echten Anziehungspunkt im bunten Stadtteil Bärenkämpen mit seinen vielen Mehrfamilienhäusern. Wohnten hier in den 1990er Jahren viele Kinder aus britischen Soldatenfamilien und danach viele Kinder von so genannten Aussiedlern aus Osteuropa, sind es heute ganz viele Kinder von Geflüchteten, deren Heimat in Syrien, im Irak, in Afghanistan oder Afrika liegt, so Silke Weber. „Man kennt sich“ unter den 200 bis 300 Stammbesucher*innen im Alter von sechs bis 21 Jahren.
Das Team des im Stadtbezirk „sehr geschätzten Jugendhauses“ arbeitet eng mit den Schulsozialarbeiter*innen an den Schulen, den Erzieherinnen in Kitas und auch mit dem Team des städtischen Begegnungszentrums zusammen, wie die Leiterin des Bereiches Jugendarbeit/Jugendschutz, Daniela Thoring, herausstellt. In Jugendhäusern finde auch außerschulische Bildung und Sozialisation statt. „Die Mädchen und Jungen lernen respektvoll miteinander umzugehen und sich gegenseitig zu akzeptieren. Das sind wichtige Werte, die hier vermittelt werden“, so Thoring. Wie auch Silke Weber weiß die Bereichsleiterin, die ebenfalls aus der pädagogischen Arbeit kommt, dass vor allem Jugendliche „viel gedanklich mit sich herumtragen“ und dass zum Beispiel auch die Krisen bundes- und weltweit Einfluss auf sie haben.
„Wenn wir merken, dass sie so etwas beschäftigt, gehen wir darauf ein. Weltpolitische Ereignisse versuchen wir mit den Jugendlichen auch kreativ zu beleuchten. Wir besuchen zum Beispiel Ausstellungen, machen Collagen, kreieren Spiele und bieten Workshops zu verschiedenen Themen an“, so Silke Weber. Besonders am Herzen liegen ihr die Übernachtungsfahrten mit den Kindern und Jugendlichen. Die Skifreizeit in den Osterferien, Ameland in den Sommerferien, die Familienfreizeit und die Mädchenfreizeit seien wichtige Angebote für eine sinnvolle außerschulische Bildung. Besonders hier entstünden Beziehungen, die die offene Kinder- und Jugendarbeit ausmachen.
Enge Beziehungen gibt es in Bärenkämpen in der Regel auch zu den Eltern der Kinder und Jugendlichen. Man trifft sich bei Veranstaltungen, wie dem Winterfest, das voraussichtlich wieder im Februar 2025 stattfindet. Auch die Ferienspiele fördern den Kontakt untereinander.
Ein „Coup“ ist Silke Weber vor einigen Jahren gelungen, als sie Mütter von muslimischen Mädchen zu einer Kaffeerunde eingeladen hat. Der Hintergrund dazu war, dass die Mädchen ab einem Alter von zwölf bis 13 Jahren oft zu Hause eingespannt wurden und nicht mehr ins Jugendhaus kommen sollten. Es gab also Gesprächsbedarf. Die Frauengruppe gibt es heute noch, die Mädchen durften weiter kommen.
Silke Weber ist ein „Mindener Kind“. Aufgewachsen in Dützen, studierte die 57-Jährige vor 38 Jahren in Osnabrück an der Fachhochschule Soziale Arbeit und Freizeitpädagogik - ein Studiengang, den es heute nicht mehr gibt. Für ein Praxissemester „schnupperte“ sie damals in die offene Jugendarbeit rein. Es folgte das Anerkennungsjahr, das sie beim Jugendamt der Stadt Minden absolvierte - im Allgemeinen Sozialen Dienst und im damals ziemlich neuen „Haus der Jugend“ (jetzt Jugendhaus Geschwister Scholl). „Die Arbeit hier gefiel mir so gut, dass ich unbedingt bleiben wollte“, berichtet Weber. Doch erstmal war keine Stelle frei. So stieg sie zunächst als ABM-Kraft ein und konnte nach zwei Jahren fest eingestellt werden.
Die neue Kollegin Stefanie Melcher (28 Jahre) hat am 1. November angefangen. Sie hat ihren Bachelor in Erziehungswissenschaften und Soziologie gemacht. Den Master-Studiengang in Sozialer Arbeit hat sie frisch abgeschlossen. Sie hat fünf Jahre Erfahrungen im Offenen Ganztag an Grundschulen in Löhne gesammelt und daher bisher nicht viel mit Jugendlichen gearbeitet, was sie aber „sehr spannend findet, da diese so ganz andere Bedürfnisse und Interessen als Kinder im Grundschulalter haben“.
Ein erstes eigenes Projekt war, ein Kino-Nachmittag für Mädchen im Jugendhaus anzubieten. „Das ist super angekommen“, berichtet Melcher. Am Anfang wurde sie interessiert beäugt, sei dann aber schnell mit den Jugendlichen ins Gespräch gekommen. „Erstmal schauen, wo die Bedürfnisse sind“, so Stefanie Melcher. Eines musste sie schnell lernen: Das Kartenspiel „Knack“ (auch Blitz oder Schwimmen genannt). „Wer das im Scholl nicht kann, ist verloren“, scherzt sie. Sie wurde herzlich aufgenommen und ist „angekommen“. Die Kennenlernphase dauert an. Ein wenig überrascht war sie, dass täglich so viele Mädchen und Jungen ins „Scholl“ kommen. Das spreche für das Jugendhaus, das mitten im Quartier liegt, und natürlich „für das tolle Team“, lobt Melcher.