Pressemitteilung

Unterschiedliche Hebesätze für die Grundsteuer B in Minden


Am 1. Januar 2025 tritt mit der Grundsteuerreform eine der größten Steuerreformen der Nachkriegsgeschichte in Kraft. Anlass dafür war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2018, welches die bisherige Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer auf der Basis von Einheitswerten als einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gewertet und für verfassungswidrig erklärt hatte. Das neue Recht gewährleistet eine gleichmäßige Erfassung und Neubewertung aller Grundstücke. Mit Ablauf des 31. Dezember 2024 verliert das alte Grundsteuerrecht seine Wirkung, so dass alle Kommunen bundesweit ihre Hebesätze für die Grundsteuer neu beschließen müssen. 

Mit großer Mehrheit (38- Ja-Stimmen, 13-Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen) hat sich der Rat der Stadt Minden in seiner jüngsten Sitzung am 5. Dezember für differenzierte Hebesätze bei der Grundsteuer B ausgesprochen. Ab Januar werden Eigentümer*innen von Wohngrundstücken künftig mit einem Hebesatz von 586 Prozent und von Nicht-Wohngrundstücken mit einem Hebesatz von 1172 Prozent belastet. Der Hebesatz der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe beträgt zukünftig 375 Prozent.

Der vom Rat gefasste Beschluss weicht von der Empfehlung der Verwaltung ab, die mit Blick auf deutlich mehr Rechtssicherheit einen einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer B in Höhe von 729 Prozent für alle bebauten und unbebauten Grundstücke vorgeschlagen hatte. Die Verwaltung befürchtet eine Vielzahl an Widerspruchs- und Klageverfahren gegen die Hebesatzdifferenzierung. Die Möglichkeit der Differenzierung bei der Grundsteuer B wurde erst im Juli 2024 durch ein Gesetz des Landes NRW eingeräumt. 

Da über einen sehr langen Zeitraum die Besteuerungsgrundlagen nicht aktualisiert wurden, habe die Neubewertung sämtlicher Grundstücke zur Folge, dass sich in vielen Fällen eine steuerliche Mehrbelastung vor allem für Wohngrundstücke abzeichnet. Die individuelle Steuerbelastung sei nun davon abhängig, wie sich der Wert einer Immobilie im Laufe der vergangenen Jahre entwickelt habe - unter anderem durch bauliche Veränderungen, allgemeine Wertsteigerungen und durch die Wohnlage, erklärt der Stadtkämmerer und Beigeordnete für Finanzen und Gebäudewirtschaft, Norbert Kresse. Die Höhe der zu zahlenden Grundsteuer sei daher stark einzelfallabhängig.

Ausfluss des Ende November 2019 verabschiedeten Grundsteuerreformgesetzes ist das „Bundesmodell“, für das sich auch Nordrhein-Westfalen (NRW) entschieden hat. Im Zuge einer Grundgesetzänderung wurde den Bundesländern über eine Länderöffnungsklausel die Möglichkeit gegeben - abweichend vom Bundesmodell - eigene Berechnungsmodelle für die Grundsteuer zu entwickeln. Einige Länder haben davon Gebrauch gemacht, zum Beispiel Niedersachsen. Die Kommunen hatten dabei kein Mitspracherecht. Unterschiedliche Bewertungsverfahren (Ertrags- und Sachwertverfahren) führen im Bundesmodell allerdings zu deutlichen Wertverschiebungen zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken, so die Stadt Minden. Mit dem differenzierten Hebesatz habe der Rat hier nun regulierend eingegriffen, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. 

„Die neu festgesetzten Messbeträge für alle rund 30.000 Immobilien und Grundstücke zusammengenommen waren die Grundlage für die Stadt Minden, ausgehend vom bisherigen Steueraufkommen die neuen Hebesätze für die Grundsteuer A und B zu berechnen“, erläutert Stadtkämmerer Kresse. Erst Mitte September lag der erste verwertbare Datenbestand der Finanzverwaltung, das sogenannte Messbetragsverzeichnis, vor. „Wir konnten daher erst spät das gesamte Messbetragsvolumen ermitteln und entsprechend knapp war nun die Beratungs- und Beschlussfolge“, so Kresse weiter. „Dadurch, dass das neue Messbetragsvolumen ab 2025 für Minden um rund 30 Prozent niedriger ausfällt, musste der Multiplikator – also der Hebesatz – angepasst werden“, argumentiert Kresse.

Nur so könne die Reform aufkommensneutral für die Stadt Minden umgesetzt werden. Die Grundsteuer für jedes einzelne Objekt errechnet sich aus der Multiplikation des Grundsteuermessbetrags (Ergebnis aus Grundsteuerwert x Steuermesszahl) mit dem jeweiligen Hebesatz. Erklärtes Ziel von Bund und Ländern bei der Umsetzung der Grundsteuerreform ist die sogenannte Aufkommensneutralität. Das heißt, dass das Grundsteueraufkommen in den einzelnen Kommunen nach der Reform in etwa so hoch sein soll, wie vor der Reform.

„Ganz wichtig für die Bürgerinnen und Bürger Mindens zu wissen ist es, dass die Stadt Minden damit nicht mehr Steuern einnehmen will, allerdings auch nicht auf bisherige Einnahmen wegen der derzeit schwierigen Haushaltslage verzichten kann“, streicht Bürgermeister Michael Jäcke heraus. Die Grundsteuer sei eine wichtige, im Gegensatz zur Gewerbesteuer konjunkturunabhängige Einnahmequelle für alle Kommunen in Deutschland, um den Auftrag der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen. Ausgehend vom Steueraufkommen 2024 sind zur Erreichung der Aufkommensneutralität rund 16,5 Millionen Euro an Steuereinnahmen aus Grundsteuer A und B in Minden zu erzielen. Diese Summe sei auch für das Jahr 2025 eingeplant. Trotz Aufkommensneutralität bei der Stadt Minden kann die individuelle Steuerbelastung eines Einzelnen aufgrund der reformbedingten Neubewertung jedoch stark variieren.

Es werde Verschiebungen geben, kündigt der Stadtkämmerer an. In Minden seien wie in vielen anderen NRW-Kommunen nun vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser, aber zum Teil auch Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücke höher bewertet. Für eine größere Zahl von Geschäftsgrundstücken, gemischt genutzten Grundstücken (Gewerbe und Wohnen) sowie Teileigentum reduziert sich der Grundsteuerwert. Bei forst- und landwirtschaftlichem Besitz (Grundsteuer A) habe sich verändert, dass das Wohngebäude einer Hofstelle künftig der Grundsteuer B unterliege.

„Alle Daten vorher und jetzt sind nicht mehr miteinander zu vergleichen“, betont der Stadtkämmerer. Und da es unterschiedliche Modelle der Grundsteuer-Berechnung in den 16 Bundesländern gibt, seien auch die Hebesätze künftig nicht mehr miteinander vergleichbar. 

Das weitere Verfahren skizziert die Stadt Minden so: Die Grundbesitzabgabenbescheide für 2025 werden in Minden voraussichtlich in der letzten Februar-Woche verschickt. Als erster Fälligkeitstermin wird ausnahmsweise der 15. März (anstelle des 15. Februar) anvisiert. Grund dafür sind technische und systembedingte Unwägbarkeiten, die das zuständige Rechenzentrum, die OWL-IT, vor einigen Tagen mitgeteilt hat.

Mit dem späteren Hebetermin möchte die Verwaltung sicherstellen, dass die Datenverarbeitung, insbesondere bei der Umstellung auf differenzierte Hebesätze, mit der ausreichenden Sorgfalt erfolgt. Dennoch können fehlerhafte Bescheide nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Steuerabteilung weist schon jetzt darauf hin, dass aufgrund der Mehrbelastung durch die Grundsteuerreform viele Eigentümerwechsel beim Finanzamt noch nicht bearbeitet wurden. Solange der Stadt keine geänderten Grundlagenbescheide vorliegen, dürfen die städtischen Mitarbeiter*innen keine Veränderung vornehmen. 

Für Bürger*innen ist es wichtig zu wissen, dass sie bei der Stadt Minden nur Widerspruch gegen den festgelegten Hebesatz einlegen können, nicht aber gegen die Bewertung an sich (Grundsteuerwert oder Grundsteuermessbetrag). Hierfür ist ausschließlich das Finanzamt der richtige Ansprechpartner. Wann eine Neubewertung eines Grundstücks beziehungsweise Korrektur des bestehenden Grundsteuerwerts vorgenommen wird, richtet sich nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes. Auskünfte hierzu erteilt das zuständige Finanzamt.

Das neue Grundsteuerrecht sieht vor, dass in Abständen von sieben Jahren die Grundstücke neu bewertet werden (neuer Hauptfeststellungszeitpunkt wäre nach dem 01.01.2022 nunmehr der 01.01.2029), allerdings nicht mehr in dem Umfang, wie die Bewertungsgrundlagen in 2022 von den Eigentümer*innen erhoben wurden.

Wie wird die neue Grundsteuer berechnet?

Zur Neubewertung des gesamten Grundvermögens war jede/r Eigentümer*in im Jahr 2022 aufgefordert, im Rahmen einer Grundsteuererklärung individuelle Angaben zum Grundbesitz zu machen. Anschließend gab es zweimal Post vom zuständigen Finanzamt: Zuerst wurde der neue Grundsteuerwert (bisher Einheitswert) nach den gemachten Angaben berechnet - und als zweites der Grundsteuermessbetrag.  Beide Beträge wurden in gesonderten Bescheiden festgesetzt, aus denen noch keine Zahlungsverpflichtung resultierte. Gegen beide Bescheide konnten Eigentümer*innen Einspruch bei der Finanzverwaltung einlegen. Noch immer liegen viele Einsprüche gegen Bescheide bei den Finanzämtern vor, über die noch nicht entschieden wurde.

Beispiel:  Grundsteuermessbetrag = 37,76 € (Einfamilienhaus)

               37,76 € x 586/100  oder x 5,86 = 221,27 € zu zahlende Grundsteuer                                                                                                                                  
              (je Quartal werden 55,32 € fällig)

Der neue Grundsteuermessbetrag ist durch einen Bescheid des Finanzamtes mitgeteilt worden: Dieser heißt: „Bescheid auf den 1. Januar 2025 über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags“. Vermutlich ist dieser bei den meisten Eigentümern Ende 2022 oder im Laufe des Jahres 2023 angekommen, da die Abgabefrist für die Erklärung zur Grundsteuer zunächst am 31.10.2022 bzw. dann verlängert am 31.01.2023 endete.

Wichtig: Es darf nicht der letzte Grundsteuerbescheid der Stadt zugrunde gelegt werden. Darin ist bis einschließlich 2024 der alte Messbetrag ausgewiesen. Der neue Messbetrag wird seitens der Kommune erstmalig in den Bescheiden des Jahres 2025 als Berechnungsgrundlage aufgeführt.

Gesetzliche Grundlage zur Grundsteuer
Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung sowie die finanzielle Eigenverantwortung der Gemeinden. Die Grundsteuer als Gemeindesteuer stellt eine wichtige Einnahmequelle dar. Die Einnahmen stehen ausschließlich den Gemeinden zu und bleiben vollständig vor Ort. Sie dienen der Finanzierung von Schulen, Kitas, Straßen und Spielplätzen sowie örtlichen Kultur- und Sportangeboten. Die Erhebung der Grundsteuer beruht auf gesetzlicher Grundlage und erfolgt nicht willkürlich. Das Hebesatzrecht steht ausschließlich den Gemeinden zu (Art. 106 Abs. 6 GG). Damit bestimmen sie die Höhe der Steuer für ihr Gemeindegebiet selbst (§§ 1 Abs. 1, 25 Abs. 4 Grundsteuergesetz (GrStG)).