In der Sammlung des Mindener Museums werden rund 60.000 Objekte bewahrt. Trotz Dauer- und Sonderausstellungen oder Leihgaben an andere Museen lagern 95 Prozent der Sammlung verborgen im Magazin. Die Vielfalt und die Geschichte der Sammlung und das Wissen über die Objekte stellt das Museumsteam regelmäßig in Kabinettausstellungen vor. Alle zwei Monate wird außerdem ein „Objekt im Fokus“ im Foyer des Museums ausgestellt und dort seine Geschichte erzählt.
Das Objekt im Fokus im November und Dezember ist eine silberne Taschenuhr aus dem Jahr 1918. Diese gehörte dem Mindener Kaufmann Georg Hoffmann (1898-1979). Er wurde 1918 Jahrgangsbester der Unteroffizierschule Marienwerder in Westpreußen. Als Auszeichnung erhielt er dafür diese von Kaiser Wilhelm II. (1859-1941, Regierungszeit 1888-1918) gestiftete Uhr.
Wilhelm II. initiierte militärische Auszeichnungen in Form von Medaillen oder Abzeichen. Diese sollten das Verbundenheitsgefühl der Soldaten zum Monarchen stärken. Taschenuhren sind als Auszeichnungen aber kaum überliefert. Auf der Vorderseite des Uhrendeckels ist das gravierte Monogramm des Kaisers, die Kaiserkrone mit dem Buchstaben „W“, zu entdecken. Auf der Rückseite befindet sich die Widmung: „Unteroffizierschule Marienwerder 1918 / Mit Gott für Kaiser und Reich/ Gefr.[eiter] Hoffmann II. Komp.[anie]“
Die Taschenuhr und die Uhrenkette bestehen aus Silber. Mit den Kettenhaken wird die Uhr gegen Verlust an der Kleidung befestigt. Im Inneren des Deckels befinden sich mehrere Silberpunzen. Diese liefern Hinweise auf das Material, den Hersteller und die Herkunft. Eine Kombination aus Halbmond und Krone zeigt den Feingehalt des Silbers von mindestens 80 Prozent an. Der Hersteller Brandt & Hofmann wird durch die Punze „B&H“ repräsentiert. Eine Auerhahn-Punze verweist auf die Schweiz als Herstellungsland. Das Glas des emaillierten Ziffernblatts wird durch einen Sprungdeckel vor Beschädigungen geschützt. Dieser lässt sich durch einen Knopf an der Seite öffnen. Das Uhrwerk ist industriell gefertigt und mit der Seriennummer 932623 versehen.
Der Besitzer dieser Uhr, Georg Hoffmann, wurde am 4. Oktober 1898 in Katscher/Oberschlesien (heute Kietrz/Polen) geboren. Der gelernte Kaufmann besuchte ab 1916 die Unteroffizierschule Marienwerder in Westpreußen. Bei der Aufnahme musste er sich zu einem vierjährigen Militärdienst nach seinem Abschluss verpflichten. Die Ausbildung dauerte drei Jahre und zielte auf den Dienst in der sich zu Fuß bewegenden, auf Nahkampf ausgerichteten Infanterie ab. Teile des Lehrplans waren Turnen, Schwimmen und Bajonettfechten. Das Bajonett ist eine Stichwaffe, die am Lauf von Schusswaffen befestigt wird. Zudem lernte er das Anfertigen von Dienstschreiben und Stenografie (Kurzschrift).
Nach seinem Abschluss 1918 wurde Hoffmann gegen Ende des Weltkriegs in Frankreich eingesetzt. 1921 heiratete er und gründete eine Familie. Bis zum Zweiten Weltkrieg (1939-45) war er als selbstständiger Kaufmann in mehreren Städten Niederschlesiens tätig. Im Zweiten Weltkrieg diente er in der Wehrmacht. Später kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft.
1954 zog die Familie nach Minden an den Hohenzollernring. 1956 eröffnete Hoffmann ein Lebensmittelgeschäft in der Bürgermeister-Kleine-Straße Nr. 8. Georg Hoffmann verstarb im Januar 1979 in Minden. Seine Uhr kam 1996 durch die Schenkung seiner Tochter in das Mindener Museum. Wie bereits mit den Kabinettausstellungen begonnen, möchte das Museumsteam die Vielfalt, die Geschichte und den Dokumentationsstand seiner Sammlung vorstellen.
Das Mindener Museum hat Dienstag bis Sonntag jeweils von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Es gibt Sonderöffnungszeiten für Gruppen auf Anfrage.