Pressestelle

Geothermische Messungen in Minden laufen ab Anfang September


Die Stadt hat in diesen Tagen die Nachricht erhalten, dass voraussichtlich ab Anfang September Untersuchungen in Minden durch das geologische Landesamt in Ostwestfalen-Lippe (OWL) starten. Es geht um die Erkundung von Energiepotentialen für eine geothermische Nutzung in der Region und die künftige Gewinnung von klimafreundlicher Erdwärme. „Ein spannendes und wichtiges Thema wirft seine Schatten voraus“, so Beigeordneter und SBM-Betriebsleiter Peter Wansing. Die Untersuchungen werden im Kreis Minden-Lübbecke voraussichtlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Beim „Tag der offenen Tür“ der Städtischen Betriebe Minden (SBM) am Sonntag, 1. September 2024 wird auch ein so genannter Vibro-Truck dabei sein. „Fachleute vom Geologischen Landesamt werden dann interessierten Bürger*innen die Thematik umfassend und anschaulich erklären“, so Wansing weiter. Das Verfahren der Vibrationsseismik wurde entwickelt, um ohne Bohrungen den tiefen Untergrund zu erkunden.

Ziel der Messungen ist es, genauere Informationen über den geologischen Aufbau des tiefen Untergrundes zu erhalten. Denn um das geothermische Potenzial erfolgreich zu erschließen, müssen geeignete Gesteinsformationen vorhanden sein. Dafür hat der Geologische Dienst Nordrhein Westfalen (GD NRW) bisher im Münsterland, im Rheinland und am Niederrhein gemessen. Im dritten Quartal 2024 laufen außerdem seismische Messungen in drei weiteren Regionen NRWs – im nördlichen Ruhrgebiet, im Rheinischen Revier und im Osten Kölns.

Die Ergebnisse der Untersuchungen stehen der Öffentlichkeit im Anschluss frei zur Verfügung und werden in der Region vorgestellt. Die Stadt und das geologische Landesamt sind dabei auch auf die Unterstützung von Bürger*innen und Bürger angewiesen, weil es auch Messpunkte auf privaten Grundstücken geben wird, erläutert Peter Wansing. Nach bisherigen Planungen verläuft die Mess-Route des GD in Minden (in Ost-West-Richtung) von der Königstraße über die Ringstraße, die Rodenbecker Straße, den Schwichowwall, die Kaiserstraße und Hausberger Straße. Es gibt noch einen Alternativvorschlag - auch in Ost-West-Richtung. Die Feinabstimmungen zur genauen Trassenführung laufen derzeit.

Die Ansprechpartner des Geologischen Dienstes suchen Eigentümer*innen von Grundstücken und Immobilien, die im Zuge der Messungen betreten werden sollen, auf. Sie informieren über die Messungen und fragen um die Erlaubnis, das Grundstück betreten zu dürfen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (so genannte „Permitter“) der IPS Informations- & Planungsservice GmbH werden im Vorfeld der Untersuchungen auch alle notwendigen Zustimmungen (z. B. Wegerechte) einholen. Ebenfalls sind alle relevanten Behörden (z. B. Tiefbau, Verkehr, Natur-, Wasser- und Denkmalschutz) eingebunden.

Sieben Messlinien mit insgesamt ca. 300 Kilometern Gesamtlänge sind in OWL geplant. Die Strecken verlaufen zwischen Stemwede und Minden, Petershagen und Oelde, Dörentrup und Paderborn, Spenge und Marienmünster, Bad Lippspringe und Höxter, Marienmünster und Borgentreich sowie Lichtenau und Borgentreich. Oberste Priorität bei der Planung der Messlinien hat die Sicherheit von Gebäuden und der sensiblen Infrastruktur, so der Geologische Dienst. Dazu zählen Brücken, unterirdische Leitungen, Wasser- und Naturschutzgebiete und denkmalgeschützte Gebäude. Zur Sicherheit kontrolliert der Messtrupp außerdem mit Bodenschwing-Messungen, dass die Vibrationen stets unterhalb der festgelegten Normwerte bleiben.

Die Vibro-Trucks bewegen sich entlang der Messlinien, an denen im Vorfeld Geophone ausgelegt wurden. Alle 10 bis 20 Meter halten sie an und schicken für eine Minute bis drei Minuten Schallwellen in den Untergrund. Die Messungen werden von der DMT GmbH & Co. KG ausgeführt. Die Schwingungen sind in der unmittelbaren Nähe der Fahrzeuge deutlich spürbar und die Motorengeräusche nehmen während des Messvorgangs zu. Außerdem kann es durch den langsam fahrenden Konvoi aus drei bis vier Fahrzeugen zu kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen kommen.

Die Messfahrzeuge (Vibro-Trucks) senden über eine hydraulisch absenkbare Rüttelplatte Schwingungen in den Untergrund, die durch die verschiedenen Gesteinsschichten in der Tiefe unterschiedlich stark reflektiert werden. An der Erdoberfläche werden diese Reflexionen aufgezeichnet. Aus den Geodaten können dann zweidimensionale Abbilder des Untergrundes erstellt werden – ähnlich einem Ultraschallbild.

Ablauf der Messungen
Ca. drei bis vier Teams von Vermessern (je zwei Personen) bewegen sich entlang der geplanten Messlinien und messen die Messpunkte per GPS ein. Zur Markierung der Messpunkte stecken sie einen kleinen Holzpflock mit Nummerierung in die Erde oder markieren die Messpunkte mit Sprühfarbe auf Straßen und Wegen. Entlang der eingemessenen Pflöcke werden die kabellosen Geophone im Abstand von 10 Metern in möglichst gerade verlaufenden Linien platziert – an Wegrändern, auf Feldern, Wiesen oder auch im Wald.

Die eigentliche Seismikmessung mit Vibrationsfahrzeugen findet planmäßig ausschließlich auf Straßen und Wegen statt. Der Konvoi von voraussichtlich drei Messfahrzeugen plus Begleitfahrzeugen und Personal bewegt sich nur langsam vorwärts. Nach Beendigung der Messungen entfernen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle Geophone und Pflöcke.

Weitere Informationen
Erdwärme steht witterungsunabhängig zu jeder Tages- und Jahreszeit zur Verfügung. Sie kann große Energiemengen bei wenig Flächenbedarf liefern, ist lokal verfügbar, preisstabil, nachhaltig und klimafreundlich. Deshalb ist sie eine wichtige Säule für eine erfolgreiche Wärmewende – gerade auch in Nordrhein-Westfalen mit seinem hohen Wärmebedarf für Haushalte und Industrie sowie vielen bestehenden Fernwärmenetzen. Der Masterplan Geothermie NRW zeigt auf, wie die Erschließung von Erdwärme innerhalb der kommenden 20 Jahre auf 24 bis 33 Terrawattstunden pro Jahr ausgebaut werden soll.

Das Land Nordrhein-Westfalen sieht laut einer Pressemitteilung des Geologischen Dienstes (GD NRW) in der Nutzung von klimafreundlicher Erdwärme eine wesentliche Säule der Wärmewende. Der von der Landesregierung vorgestellte Masterplan Geothermie NRW beinhaltet ein Explorations- und Bohrprogramm zur Erkundung des tieferen Untergrundes von NRW. Denn dort gibt es Gesteinsschichten, die sich für eine Erdwärmegewinnung eignen könnten. Diese sollen landesweit durch seismische Untersuchungen erkundet werden.

Erste Pilotmessungen im Rheinischen Revier, im nördlichen Ruhrgebiet und im Osten von Köln dienten dazu, die Messparameter für künftige Untersuchungen zu optimieren.

Ein wichtiger Bestandteil des Masterplans ist das Explorations- und Bohrprogramm, mit dem das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIKE NRW) den Geologischen Dienst NRW (GD NRW) beauftragt hat. Ziel ist es, genauere Informationen über den geologischen Aufbau des tiefen Untergrundes zu erhalten und öffentlich bereitzustellen. Die Erkundung hat geeignete wasserführende Gesteinsschichten im Fokus, die benötigt werden, um die regenerative Wärme aus der Tiefe nutzen zu können.

Hintergrundwissen: Hydrothermale Geothermie

Bei der hydrothermalen Geothermie wird Tiefenwasser genutzt, das durch eine Förderbohrung an die Oberfläche gepumpt wird. Dort gibt das heiße Wasser seine Energie über Wärmetauscher an den Energieverbraucher – beispielsweise ein Fernwärmenetz, einen Industriebetrieb oder ein Gewächshaus – ab und wird anschließend wieder in die Tiefe geleitet. 

Die hydrothermale Geothermie ist deutlich vom Fracking abzugrenzen, denn es werden keine Gesteine mit Druck aufgebrochen. Da das Tiefenwasser nach der Wärmenutzung wieder vollständig in den Untergrund zurückgepumpt wird, kommt es auch zu keiner Volumenänderung.