Es ist ein Denkmal, städtisches Naherholungsgebiet und ein von vielen Mindenern geschätzter Waldpark zugleich: das Mindener Glacis. Aktuell und in den kommenden Jahren wird die 130 Hektar große Grünfläche rund um die Mindener Altstadt in mehreren Bauabschnitten fit für Zukunft gemacht. Der erste neugestaltete Bereich im Fischerglacis konnte in der vergangenen Woche nach einer Einweihung offiziell an die Öffentlichkeit übergeben werden. Die Umgestaltung erfolgte mit Mitteln aus dem Städtebauförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen, das vom Bund mitfinanziert wird.
„Wir können uns glücklich schätzen, so ein Glacis mitten in Minden zu haben“, strich Bürgermeister Michael Jäcke in seiner Begrüßung vor rund 30 Gästen heraus. Das Glacis sei ein Wohlfühlort für ganz viele Mindener*innen und es biete nun ein „deutliches Plus an Aufenthaltsqualität“. Auch die für Städtebauförderung bei der Bezirksregierung Detmold verantwortliche Dezernentin Andrea Marquardt und die Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann lobten das Ergebnis der Umgestaltung. Beide nahmen wohlwollend zur Kenntnis, dass der Kostenrahmen bei dieser Maßnahme eingehalten wurde.
Im Fischerglacis wurden im Jahr 2024 Mittel in Höhe 790.000 Euro „verbaut“: für neue Wege, neue Bäume, Sträucher sowie Stauden, für die Sanierung des Teiches, für eine neue Möblierung und für die Sichtbarmachung der Marienquelle. 80 Prozent der Mittel kamen aus dem Städtebau-Förderprogramm. Zwar sei es jetzt im Winter nicht grün, aber man könne sehr gut erkennen, dass unter anderem auch größere Sandsteinquader Akzente setzen, dass der Teich mit der Steinterrasse und die neu geschaffene Sitzfläche zum Verweilen einladen. Auch für Radfahrer*innen wurden die Bedingungen deutlich verbessert, nannte Jäcke weitere positive Veränderungen.
Der für Städtebau und Feuerschutz verantwortliche Beigeordnete Lars Bursian erinnerte an den „sehr guten Bürgerbeteiligungsprozess“ im Rahmen der Erstellung des Pflege- und Entwicklungskonzeptes und dankte dem Büro L-A-E Landschaftsarchitekten Ehrig & Partner für die fachkompetente Begleitung. Das Büro wurde kürzlich mit dem NRW-Landschaftsarchitekturpreis ausgezeichnet. Schilder und eine Beleuchtung werde es im Glacis nicht geben. Mit Bezug auf den Artenschutz wäre eine Beleuchtung in der Nacht „fatal“, außerdem habe man den Waldpark „ausgelichtet“ und einiges an Flächen versiegelt, was die Sicherheit verbessere, erklärte der Beigeordnete.
Bursian sprach auch den „deutlich spürbaren“ Klimawandel an, auf den sich Städte künftig einstellen müssten. Etliche Bäume im Glacis mussten nach langen, trockenen Sommern in den vergangenen Jahren gekappt oder ganz entnommen werden. Dafür wurden im Fischerglacis klimaresistentere Bäume wie Süntelbuchen gepflanzt. Weitere Bäume und Sträucher werden folgen. Das neue Wegesystem – gepflastert und mit wassergebundener Decke – soll Radfahrer*innen und Fußgänger*innen künftig getrennt führen. „Man erkennt deutlich die neue Struktur des Glacis in diesem Abschnitt zwischen Goebenstraße und Marienstraße“, stellte der Bürgermeister bei der offiziellen Einweihung fest.
Nach vorbereitenden Arbeiten im Jahr 2023 und Anfang 2024 – unter anderem Baumpflanzungen, Boden-Beprobungen, dem Verlegen eines Probepflasters und der Teichsanierung – wurde von April bis September 2024 unter einer Sperrung im Fischerglacis intensiv gearbeitet. Alte und neue Wege wurden geschaffen, der steile Bereich durch eine Aufschüttung „entschärft“, die Teichböschung neu gestaltet, ein Wappenstein aufgestellt, Mobiliar installiert sowie Stauden und Gräser gepflanzt. Die Federführung für die Umsetzung der Umgestaltung lag bei den Städtischen Betrieben Minden (SBM).
Ein großer Dank ging an die Mindener Steinmetzmeisterin Regina Storm-Hollo, die ihr Meisterstück – einen Wappenstein - für das Glacis zur Verfügung stellte. Der 1973 gefertigte Sandstein dokumentiert die lange Geschichte der Stadt Minden, die um das Jahr 800 mit der Ersterwähnung in einer fränkischen Chronik ihren Anfang nahm. Der Stein stelle eine „tolle Bereicherung“ für das neugestaltete Fischerglacis dar, lobten Bürgermeister Michael Jäcke und der Beigeordnete Peter Wansing (Städtische Betriebe).
Projektleiter René Kreß erläuterte den Gästen bei einem Rundgang die Neuerungen und Cindy Werner (Stadtplanung) gab mit groß ausgedruckten Plänen zum Abschluss einen Einblick in die weitere Planung. Als nächstes wird das Königsglacis umgestaltet. Die Arbeiten sollen im Frühjahr 2025 beginnen. Für das Königsglacis hat die Stadt Minden bereits im Juli 2023 einen Förderbescheid vom Land erhalten. Von den berechneten Kosten in Höhe von 926.900 Euro tragen Land und Bund 80 Prozent.
Weitere Informationen
Das Glacis, das ganz viele Mindener als Naherholungsort, fürs Spazierengehen, Walken oder Joggen nutzen, soll ein Wohlfühlort für jeden werden und es soll „klimafest“ werden. Es ist mit den alten Baumbeständen und parkähnlichen Strukturen seit weit mehr als 100 Jahren die „grüne Lunge“ der Innenstadt. Das Mindener Glacis ist auch ein „grünes Denkmal“. Die gesamte Anlage, die ursprünglich zur Befestigung und damit dem Schutz der Stadt diente, sowie alle sichtbaren Denkmäler gelten als „historisch wertvoll“.
Der von den Mindener*innen sehr geschätzte Waldpark leidet seit Jahren unter einem hohen Nährstoffeintrag durch Hundekot und unter den trockenen Sommern. Mit der Umsetzung des Konzepts will die Stadt nicht nur auf Klimaveränderungen und deren Folgen reagieren. Es geht auch um weitere Schadensbegrenzung. „Der Nährstoffgehalt ist unbedingt zu reduzieren“, weiß René Kreß. Denn das Glacis sei längst nicht so artenreich, wie man denke, und der Boden leide unter dem hohen Nährstoffeintrag. Das führe zu geringerem Wurzelwachstum, insbesondere weniger Feinwurzeln. Daraus resultierten Kronenverlichtungen und eine höhere Anfälligkeit der Bäume gegen Windwurf/-bruch sowie Trockenheit.
Basis für eine mögliche Förderung ist das „Pflege- und Entwicklungskonzept für das Glacis“, das der Rat im September 2020 einstimmig beschlossen hat. Dem voraus ging ein längerer Planungsprozess, in den auch die Bürgerschaft eng einbezogen war. Das Konzept wurde von 2018 bis Ende 2020 mit Unterstützung des nach einer Ausschreibung beauftragten Planungsbüros L-A-E-Landschaftsarchitekten Ehrig & Partner erstellt. Ziel der Umgestaltung ist es vor allem, den Charakter des Waldparks wiederherzustellen und die Biodiversität (Artenvielfalt) zu erhöhen.