Die Musikschule Minden gGmbH hat seit Jahresbeginn einen neuen Geschäftsführer: Der 56-jährige Diplom-Musikpädagoge Andreas Neuhaus folgte Anfang 2025 auf Jörg Meder, der die städtische Gesellschaft vom 1. Juni 2021 bis 31. Dezember 2024 leitete. Meder hatte Ende 2024 aus gesundheitlichen Gründen um Auflösung seines Vertrages gebeten. Zur stellvertretenden Musikschulleitung wurde Lisa Oefler ernannt, die seit fünf Jahren an der Musikschule Querflöte unterrichtet und auch den Fachbereich leitet.
Andreas Neuhaus ist kein Unbekannter in der Musikschule und schon seit 1998 dort als Lehrer für Posaune angestellt. Zuletzt war er stellvertretender Leiter und bereits seit 2004 Koordinator für den Bereich „Klassik“. Nun ist Neuhaus der neue Chef von 36 angestellten Musiklehrer*innen, zwei Verwaltungskräften und einer FSJlerin (Praktikantin im freiwilligen sozialen Jahr). Bald soll noch eine Kraft hinzukommen. Eine weitere Stelle mit 15 Wochenstunden für Verwaltungstätigkeiten ist ausgeschrieben.
Neuhaus hat in Minden am Herder-Gymnasium Abitur gemacht, dann zunächst Lehramt für Primarstufe in Dortmund, anschließend Posaune und Musikpädagogik in Essen studiert. Nach seinem Diplom an der Folkwang-Universität hat er 2014 noch ein Master–Studium für „Alte Musik“ in Bremen abgeschlossen. Seine Leidenschaft gehört der Alten Musik. Mit seinem Ensemble Respiro verwirklicht er eigene Konzertprojekte und mit der Barockposaune konzertiert er deutschlandweit in verschiedenen Orchestern. 75 Prozent seiner Tätigkeit sind für die Geschäftsführung und 25 Prozent für Unterricht in der Musikschule vorgesehen.
Die in den vergangenen Jahren weiter gewachsene Musikschule – seit 2004 eine gemeinnützige Gesellschaft der Stadt Minden – hat aktuell rund 1.300 Schüler*innen, davon sind allein 600 so genannte „Jekits-Kinder“. „JeKits“ – eine Abkürzung für „Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“ - ist ein kulturelles Bildungsprogramm in Grund- und Förderschulen des Landes Nordrhein-Westfalen. „JeKits“ ist zum Schuljahr 2015/16 als landesweites Nachfolgeprogramm von „Jedem Kind ein Instrument“ (kurz JeKi) gestartet und wird vom Land gefördert.
„Rund 500 Kinder gehen hier pro Woche ein und aus“, berichtet Neuhaus, der viele Ideen und Pläne hat. So möchte er das „Jekits“-Modell modifizieren und unter anderem ein „Instrumenten-Karussell“ wieder einführen. Das gab es bereits im Jahr 2000, ist dann aber wieder eingestellt worden. Das Projekt ermöglicht es den Grundschüler*innen drei Wochen lang, ein ausgeliehenes Instrument auszuprobieren. Es können dabei eigene Interessen, Leidenschaften oder auch Talente entdeckt werden. Aus Erfahrung weiß Diplom-Pädagoge Neuhaus, dass nicht immer eines von Eltern ausgewählte Instrument auch zum Kind „passt“.
Ein großes Anliegen ist ihm auch die Talent-Förderung. Die soll nach einem Modell, das es schon in Bielefeld gibt, auf neue Füße gestellt werden. Die jetzt an der Musikschule Minden gestartete „Talent-Akademie“ soll dabei keine Konkurrenz zu anderen, laufendem Wettbewerben, wie „Jugend musiziert“ sein. Neuhaus möchte eher die „verborgenen Talente“ aus Familien entdecken und fördern, die nicht unbedingt aus Bildungshaushalten kommen. Die Nachfrage sei hoch, berichtet der Geschäftsführer. Zehn Jugendliche, die kreativ und engagiert sind, wurden bereits in die „Akademie“ aufgenommen, sie spielen überwiegend in Ensembles. Die Akademie soll auch auf jüngere Schüler im Alter von elf bis zwölf Jahren ausgeweitet werden.
Neuhaus möchte auch das Instrument „Stimme“, also den Gesang stärken, sowie weitere Ensembles aufbauen. Für die Gesang-Ausbildung ist Jonathan Bade mit einer halben Stelle zum Team gekommen. Unter anderem ist geplant, einen Kinder- und Jugendchor aufzubauen. Auch probt im nicht voll ausgelasteten Band-Raum seit kurzer Zeit der „Musikclub“ – eine Gruppe junger Menschen mit geistigen Handicaps. Ein weiteres „Steckenpferd“ von Neuhaus ist, die in Minden sehr vielfältige freie Kulturszene zu stärken. Schon vor 20 Jahren sei hier ein Netzwerk entstanden, das es zu stärken gilt, so der neue Geschäftsführer.
700 Instrumentalschüler*innen gibt es in der Musikschule, wozu auch die Mitglieder der drei großen Chöre (Jazzchor, „TonArt“ und Nachbarschaftschor) zählen. Rund 100 Erwachsene werden unterrichtet, hinzu kommen noch rund 130 Frauen und Männer in den Chören. Vor allem die jungen Talente haben in der Vorspielwoche vom 17. bis 23. März, die Möglichkeit vor einem Publikum aufzutreten und ihr Gelerntes vorzutragen. Die Musikschule befindet sich in einem alten Kasernengebäude im Simeonsglacis und hat einen eigenen Saal mit Bühne.
Alle Lehrkräfte sind seit dem 1. Juni 2024 angestellt. „Vorher gab es – unter anderem aus Kostengründen, aber auch um nachfrage- und angebotsorientiert arbeiten zu können - zahlreiche Honorarkräfte“, berichtet Neuhaus, der den Umstellungsprozess bereits seit 2018 eng begleitet hat. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts mussten alle Honorarverträge in Festanstellungen umgewandelt werden. Darüber ist der neue Geschäftsführer glücklich. Denn dieser Umstand gebe den jetzt angestellten Musiklehrer*innen mehr finanzielle Sicherheit und Verbindlichkeit. Die Lehrer*innen seien kreativer, sehr motiviert und engagiert, hat er beobachtet. Für alle Beschäftigten soll es auch mehr Fortbildungen geben.
Positiv habe sich ebenfalls die jetzt stabile, finanzielle Situation ausgewirkt und ihm als neuen Geschäftsführer einen guten Start ermöglicht, lobt Neuhaus. Im Dezember 2024 hat der Haupt- und Finanzausschuss einen Nachtragsvertrag zur besseren finanziellen Ausstattung beschlossen. Damit soll der Musikschule für die noch vier Jahre währende Vertragslaufzeit eine inhaltliche Entwicklungsmöglichkeit (klassischer Gesang, Jugendchor und Musikalische Früherziehung) gegeben werden.
„Wirtschaftliches Ziel der gemeinnützigen gGmbH ist nicht Gewinnerzielung, sondern die chancengleiche Teilhabe an musikalischer Bildung für möglichst viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene“, macht Beigeordneter und Stadtkämmerer Norbert Kresse in seiner Funktion als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung deutlich. Er bezeichnete es als „eine glückliche Fügung“, dass Andreas Neuhaus jetzt „an der richtigen Stelle“ angekommen sei. Er fülle diese Position mit sehr viel Engagement aus und bringe viele Jahre Erfahrung an der Musikschule mit, so Kresse.