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„Christlich-jüdische Zusammenarbeit“: Einsatz für Respekt und Toleranz


„Füreinander streiten“ lautete das Motto der diesjährigen bundesweiten Veranstaltung „Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ - vormals "Woche der Brüderlichkeit". Die zentrale Veranstaltung fand in diesem Jahr in Hamburg statt. Mit dabei war auch Mindens Bürgermeister Michael Jäcke, der die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V., Nina Pape, erneut begleitete. Bereits 2023 war Jäcke Gast bei der zentralen Veranstaltung in Erfurt. 2011 war die Stadt Minden Ausrichterin der zentralen Veranstaltung. Aus diesem Grund wird jedes Jahr auch der Mindener Bürgermeister eingeladen.

Nina Pape ist seit 2019 Mitglied im Vorstand des Deutschen Koordinierungsrates (DKR) und Sprecherin des "Forums Junger Erwachsener" (FJE). Pape organisiert als Vorstandsmitglied des Koordinierungsrates die zentrale Veranstaltung mit und ist an der Auswahl der Preisträger*innen der Buber-Rosenzweig-Medaille beteiligt. 2022 wurde sie für eine 2. Amtszeit in den Vorstand des DKR gewählt. „Es ist mir eine Ehre - zusätzlich zur Geschäftsführung in Minden – für den Vorstand des Dachverbands ehrenamtlich tätig zu sein und damit auch eine Perspektive aus Minden national einbringen zu können“, streicht Pape heraus. Der DKR sucht jedes Jahr auch eine Stadt aus, die eine aktive Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ) hat. Im Jahr 2026 wird die Stadt Köln Gastgeberin sein.

Jäcke verfolgte in Hamburg den Vortrag der beiden Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille 2025, Saba-Nur Cheema (Politologin, Pädagogin und Publizistin) und Dr. Meron Mendel (Historiker, Erziehungswissenschaftler und Publizist). In der anschließenden Diskussion sprach der Mindener Bürgermeister die AfD an, die sich gerne als die „Verteidigerin Israels und des jüdischen Lebens in Deutschland“ inszeniere. Der Partei gehe es aber nicht darum, Jüdinnen und Juden in Deutschland zu schützen, sondern sie instrumentalisiere den vermeintlichen Kampf gegen Antisemitismus, um rassistisch gegen „die Anderen” zu hetzen, so Jäcke.

Er nahm auch an der Gemeinschaftsfeier sowie an der Preisverleihung im Rathaus der Freien und Hansestadt Hamburg teil. Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher begrüßte die Gäste der zentralen Feier. Die Laudatio auf die beiden Preisträger hielt Bischöfin Kirsten Fehrs, kommissarische Ratsvorsitzende der EKD und Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche. Moderiert wurde die Veranstaltung von Julia Westlake.

Beim Empfang am Sonntag trafen Jäcke und Pape die Preisträger und auch Rabbiner Andreas Nachama, seit Mai 2016 jüdischer Vorsitzender des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sowie die neue Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann (Staatsministerin a.D.). Sie wurde am 29. Oktober 2024 als Nachfolgerin von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vom Landeskabinett bestellt, die das Ehrenamt von November 2018 bis Oktober 2024 innehatte. 2019 war die frühere Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger Festrednerin zur Eröffnung der „Woche der Brüderlichkeit“ in Minden.

Seit 1952 veranstalten die Gesellschaften für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit im März eines jeden Jahres die Woche der Brüderlichkeit. In allen Teilen des Landes werden aus diesem Anlass Veranstaltungen durchgeführt, um auf die Zielsetzung der Gesellschaften und auf ihr jeweiliges Jahresthema hinzuweisen. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung des DKR im Jahre 2023 wird die Bezeichnung "Woche der Brüderlichkeit" ersetzt durch die Formulierung „Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“. Dabei werden das christliche und jüdische Kalenderjahr benannt. Während der jährlichen Eröffnungsfeier der Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit wird die Buber-Rosenzweig-Medaille an Persönlichkeiten und/oder Organisationen verliehen, die sich im christlich-jüdischen Dialog außerordentliche Verdienste erworben haben. Mit einer Sondersendung wurde über die Eröffnungsfeier im öffentlich-rechtlichen Fernsehen berichtet.

Von Anfang an war es das Ziel der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, füreinander einzutreten. „Uns ist es wichtig, dass auch in schwierigen Zeiten Stimmen hörbar bleiben, die zur Verständigung und zum friedlichen Miteinander aufrufen - so wie es die diesjährigen Preisträger Saba-Nur Cheema und Meron Mendel tun. Gemeinsam streiten sie für Respekt und Toleranz, wenden sich gegen den zunehmenden Antisemitismus und die Polarisierungen in unserem Land und setzen sich ein für eine differenzierte Wahrnehmung der Konfliktparteien im israelisch-palästinensischen Konflikt“, so der Deutsche Koordinierungsrat. 

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V. ist eine der ältesten in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde bereits im Jahr 1960 als 20. von mehr als 80 christlich-jüdischen Gesellschaften in Deutschland gegründet. „Wir sind sehr stolz darauf, dass es hier in Minden eine aktive christlich-jüdische Gesellschaft gibt, die weiter wächst“, so Vorsitzende Nina Pape. Auch in Minden lädt die GJZ Minden regelmäßig zu Veranstaltungen ein, die ausnahmslos kostenfrei für die Teilnehmer*innen sind.

In Minden wurde 2011 der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Zu den bekanntesten Preisträger*innen der vergangenen drei Jahrzehnte zählen Angela Merkel (2020), Architekt Daniel Liebeskind (2010), Joschka Fischer (2003), Johannes Rau (2000) und Richard von Weizsäcker (1995).

Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille 2025 (Pressemitteilung des DKR)
Dipl.-Pol. Saba-Nur Cheema, in Frankfurt am Main in eine aus Pakistan stammende Familie geboren, nimmt sehr genau wahr, wie Personen mit Migrationshintergrund sich immer deutlicher in der deutschen Gesellschaft zu Wort melden und wie darauf reagiert wird. Cheema hat Methoden und Projekte für die historisch-politische Bildungsarbeit entwickelt, in denen es darum geht, unterschiedliche Perspektiven auszuhalten und aufeinander beziehen zu können und zugleich Rechtsextremismus und Rassismus zu begegnen. Dabei hat sie insbesondere Antisemitismus und Islamfeindlichkeit im Fokus. Sie vertritt die These, dass der Holocaust nicht nur als Tiefpunkt der deutschen Geschichte, sondern als Teil der Menschheitsgeschichte zu bearbeiten ist. 

Prof. Dr. Meron Mendel, in einem Kibbuz im Süden Israels aufgewachsen, sagt von sich, dass er dort von den Werten „soziale Gerechtigkeit, Frieden und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ nachhaltig geprägt wurde. Dieser Hintergrund, sein Engagement im jüdisch-palästinensischen Dialog sowie sein Militärdienst in der israelischen Armee, machen Meron Mendel, der seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebt, zu einem der wichtigsten Dialogpartner über die schwierige Situation von Israelis und Palästinenser:innen im Nahostkonflikt. Als Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main und als Universitätsdozent arbeitet Mendel an den Themen Demokratiebildung, Migrationsgesellschaft und Menschenrechte. Er ist eine markante Stimme im öffentlichen Diskurs über den Nahostkonflikt wie auch in Debatten über Antisemitismus und Rechtsextremismus. Er bezieht klare Positionen und bemüht sich um Differenzierung und Schärfung der Wahrnehmung, auch in der Debatte im demokratisch-humanistischen Lager. 

Gemeinsam streiten Saba-Nur Cheema und Meron Medel öffentlich für Demokratie und Menschenrechte. Gemeinsam schreiben sie – als Muslima und als Jude – die Kolumne „muslimisch-jüdisches Abendbrot“ in der FAZ. Dazu sagt Meron Mendel: „In unseren Essays, die persönlich und politisch zugleich sind, geht es um Küchenschubladen, Kindererziehung und Kolonialismus. Um Identitätspolitik, den Nahostkonflikt, Ramadan-Beleuchtung in der Innenstadt und Weihnachtsbäume.“ Beide sind fest davon überzeugt, dass Bildung vor Hass schützt, und sie beweisen täglich, dass man auch bei verschiedener religiöser und kultureller Prägung miteinander leben und einander lieben kann. Gemeinsam versuchen sie, Polarisierungen zu überwinden; gemeinsam stehen sie für eine offene Streitkultur. Dabei werden sie als Paar auch regelmäßig gerufen, um Streit zu schlichten. 

Die produktive Rolle des Streitens steht auch im Mittelpunkt des Jahresthemas des DKR: „Füreinander Streiten“. Unter dieser Überschrift steht das vielfältige Engagement der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in 2025 bzw. 5785/86 (jüdischer Kalender).

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