Die Stadt Minden versendet im Zeitraum vom 12. bis 16. Juli geänderte Steuerbescheide für das Jahr 2024. Der Grund: Der Rat hat Ende Mai nach intensiver Debatte und vor dem Hintergrund einer kritischen Haushaltslage mehrheitlich eine moderate Anhebung von Hebesätzen beschlossen. Danach erhöht sich der Hebesatz für die Grundsteuer B um 8,9 Prozent und für die Gewerbesteuer um 2,9 Prozent. Der Hebesatz für die Grundsteuer A – das betrifft nur landwirtschaftliche Grundstücke - beträgt künftig 303 Prozent (vorher 249 Prozent).
Die Erhöhung der Steuern gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2024. Insgesamt rund 33.000 Briefe - mit den jeweiligen Bescheiden und einem Informationsschreiben - gehen ab kommenden Freitag an die Haus- beziehungsweise Wohnungseigentümer*innen sowie alle Gewerbebetriebe raus.
Die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer wurden in Minden zuletzt vor elf Jahren erhöht – seinerzeit ebenfalls vor einem schwierigen wirtschaftlichen Hintergrund. „Es handelt sich hierbei um eine vom Rat beschlossene echte Steuererhöhung, die nichts mit der Grundsteuerreform ab 2025 zu tun hat“, macht der Beigeordnete für Finanzen und Gebäudewirtschaft, Norbert Kresse deutlich. Für alle Mindener*innen sei es daher wichtig zu wissen, dass diese Änderung nicht mit den Auswirkungen der neuen Grundsteuermessbescheide zu verwechseln ist, die erst mit der Umsetzung der Grundsteuerreform im Jahr 2025 wirksam werden, betont Kresse.
Das mit den Bescheiden verschickte Begleitschreiben erklärt unter anderem auch die Hintergründe für die aktuelle Steuererhöhung. So war die Stadt Minden, die als Stärkungspaktkommune zehn Jahre bis Ende 2021 abhängig von Landesmitteln war, bereits seit 2016 in einer stabilen Lage und konnte sogar Rücklagen bilden. Die so erlangte, gute finanzielle Basis schien zunächst - selbst angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie und der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Eintrübung – auch nicht gefährdet. Doch mit dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Ende Februar 2022, der nachfolgenden Energiekrise, der massiven Inflation und der wirtschaftlichen Rezession verschlechterte sich dann aber die Lage aller öffentlichen Haushalte in Bund, Ländern und Kommunen rapide.
„Bereits im Zuge der Aufstellung des städtischen Haushalts 2023 und ganz konkret ab 2024 zeichneten sich erhebliche Fehlbeträge zwischen den städtischen Einnahmen und Ausgaben ab“, erläutert Stadtkämmerer Kresse. Diese Defizite belaufen sich für 2024 und die Folgejahre nun auf durchschnittlich 56 Millionen Euro jährlich - eine in Minden bisher noch nie gekannte Dimension. Die Ursachen für diese Entwicklung lägen überwiegend dort, wo die Stadt selbst relativ wenig Einfluss habe, so der Beigeordnete. Kommunale Haushalte seien seit Jahrzehnten geprägt von den stetig steigenden Ausgaben für soziale Leistungen und zusätzliche Aufgaben, ohne dass es eine ausreichende Finanzierung dafür gebe.
Die gerechtfertigten hohen Tarifabschlüsse im Personalsektor sowie die hohen Umlagezahlungen an den Kreis Minden-Lübbecke, deren Ursachen vorwiegend auch in den Aufwendungen für soziale Leistungen und für das Gesundheitswesen lägen, trügen zusätzlich zu dieser Entwicklung bei. Aber auch die eigenen Herausforderungen und Erwartungen vor Ort, zum Beispiel in den Bereichen Kitas und Schulen, Jugendhilfe, Sicherheit und Feuerschutz, Kultur und Sport, Neubau und Sanierung der städtischen Immobilien, Straßen und Brücken erfordern heutzutage andere Standards und erzeugten damit einhergehend auch höhere Kosten, erläutert die Stadt Minden.
In den Bereichen, in denen die Stadt Minden mehr Einfluss habe, werde dagegen durchaus anerkannt, dass Rat und Verwaltung gut wirtschafteten. So bestätigte die Gemeindeprüfungsanstalt NRW der Stadt regelmäßig, in vielen Aufgabenbereichen betriebswirtschaftlich gut aufgestellt zu sein, wie in den Bereichen Personalausstattung, Jugendhilfe, Offener Ganztag, Immobilien und Straßenbeleuchtung sowie auch bei den im regionalen Vergleich günstigen Abwasser-, Straßenreinigungs- und Müllgebühren.
Die aktuelle, moderate Anhebung der Steuersätze – die Gebühren für Abfall, Regenwasser und Straßenreinigung bleiben gegenüber den bisherigen Festsetzungen unverändert – sind Bestandteil eines freiwilligen Haushaltssicherungskonzeptes, welches der Rat ebenfalls am 27. Mai 2024 verabschiedet hat. Durch mehr als 140 Maßnahmen soll in den kommenden Jahren verhindert werden, dass „die erst jüngst wieder erreichte eigene Handlungsfähigkeit der Stadt zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger nicht vorschnell gefährdet wird“, so Beigeordneter Norbert Kresse. Die Maßnahmen zielten unter anderem auf weitere Verbesserungen der Aufgabenerledigung (zum Beispiel digitaler Bürgerservice) und auf interkommunale Zusammenarbeit ab. Aber es müssten dennoch Standards reduziert sowie Tarife, Entgelte und Steuern erhöht werden.
„Es ist der Stadt Minden weiterhin ein besonderes Anliegen von Rat und Verwaltung - trotz der schwierigen Haushaltslage - soweit möglich und leistbar, Maßnahmen zur Stärkung und Förderung des Wirtschafts-, Einkaufs- und Wohnstandortes Minden zu initiieren und Minden als attraktiven Standort für Unternehmen und Arbeitnehmer*innen weiter zu entwickeln. Allerdings ist dies nur möglich, wenn es gemeinsam gelingt, die Handlungs- und Investitionsfähigkeit der Stadt Minden, z.B. für den Ausbau von Kitas und Schulen oder für das gute kulturelle Angebot der Stadt, aufrechtzuerhalten“, heißt es in dem Informationsschreiben.
Es ist der Stadt sehr wichtig, den Steuerzahler*innen das Handeln zu erläutern und die Notwendigkeit der Steuererhöhung zu erklären. Deshalb ist der Bescheid auch mit einem ausführlichen Begleitschreiben versehen worden. Hierin gibt es auch Hinweise auf weitere Informationen zu den Finanzen der Stadt, wie zum Haushaltsflyer „Was macht die Stadt mit unserem Geld?“
Erstmals ist auf dem Bescheid ein QR-Code abgebildet, der zu einem Online-Formular für eine SEPA-Lastschrift führt. Wichtig: Alle Mindener Haus- und Wohnungseigentümer*innen sowie Inhaber*innen von Gewerbebetrieben, die bereits einen Lastschrift-Auftrag an die Stadt Minden erteilt haben, müssen mit dem geänderten Steuerbescheid nichts veranlassen.
Schmutzwassergebühr rückwirkend für 2022 neu kalkuliert – Satz gesenkt
Mit den jetzt verschickten Bescheiden gibt es für die Schmutzwassergebührenschuldner eine geringe Erstattung bei den Schmutzwassergebühren. Die Nachkalkulation für das Jahr 2022 hat einen Gebührensatz von 2,33 Euro (vorher 2,58 Euro) je Kubikmeter ergeben. Grundlage ist eine ab dem 15. Dezember 2022 in Kraft getretene Änderung des Kommunalabgabengesetzes NRW (KAG, § 6). Dem voraus ging ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 17. Mai 2022 (Aktenzeichen, 9 A 1019/20) zur Kalkulation von Abwassergebühren in NRW, der aber vom Bundesverwaltungsgericht am 7. März 2023 (Az. 9 B 15.22) aufgehoben wurde und damit keine Rechtskraft erlangte.