In diesem Jahr jährte sich das 100. Jubiläum der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, die im Zuge des Dawes-Planes 1924 auf internationalen Druck zur Sicherstellung der deutschen Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg gegründet wurde. Nach dem Ende der Ruhrkrise und der Hyperinflation im Jahre 1923 rückte die Reichsbahn als Wirtschaftsunternehmen und größtes Vermögen des Reiches wieder in das Zentrum weitreichender finanz- und wirtschaftspolitischer Interessen.
Die Reichsbahn sollte als Garant für die Reparationsleistungen dienen, wobei der amerikanische Bankier Charles G. Dawes dafür die Gründung einer „Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft“ vorschlug. Diese sollte nicht mehr dem Reichsverkehrsministerium unterstehen, sondern von einem auch international besetzten Verwaltungsrat kontrolliert werden, um die Reparationszahlungen aus ihren Erträgen zu finanzieren. Damit kam auf den Betrieb und die Beschäftigten der Reichsbahn innerhalb weniger Jahre die dritte Unternehmensreform zu, nachdem die ehemals sieben eigenständigen Länderbahnen bereits nach Kriegsende 1920 zunächst zu den Staatsbahnen und dann zur Reichsbahn verschmolzen worden waren.
Die Privatisierung der Reichsbahn 1924 sollte nun unter den Bedingungen der stabilen Währung und der Klärung der Reparationsfrage zunächst einmal Planungssicherheit bringen. Die nationalen wie internationalen Sachverständigen hofften so, die Phase der politischen Instrumentalisierung der Reichsbahn beenden zu können. Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft sollte sich dadurch wieder ihren eigentlichen Aufgaben, der Bereitstellung von Verkehrsleistungen und der Verbindung von Wirtschaftsräumen zuwenden.
Über die verschiedenen Phasen der deutschen Eisenbahngeschichte in den Anfangsjahren der Weimarer Republik hält Philipp Koch am Dienstag, 17. Dezember, um 18 h im Konferenzraum des RailCampus OWL an der Pionierstraße 10 in Minden einen Vortrag. Unter dem Titel „100 Jahre Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft: Das größte Vermögen des Reiches, die Reparationen und der Dawes-Plan 1918 bis 1924“ beleuchtet der Leiter des Mindener Museums und Experte für Eisenbahngeschichte dabei auch die komplexen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei der Annahme der beiden Reichsbahnbahngesetze zur Umsetzung des Dawes-Planes im Reichstag Ende August 1924, als die notwendige Zweidrittelmehrheit nur mit Hilfe von 48 deutschnationalen Abgeordneten erreicht wurde.
Aus organisatorischen Gründen werden Interessierte gebeten, sich möglichst vorher bis Montag, 16. Dezember, telefonisch unter +49 571 9724010/20 oder per E-Mail an museum@minden.de für diese Veranstaltung anzumelden. Im Konferenzraum finden maximal 50 Personen Platz. Der Zugang zum Veranstaltungsort erfolgt über die Eingangspforte des RailCampus OWL.