Mindens „grüne Lunge“ – das Glacis - wird aufgewertet. In dieser Woche beginnen die ersten Arbeiten. Bereits seit Mitte August 2022 ist bekannt, dass die Stadt Minden eine 80-prozentige Förderung für den 1. Bauabschnitt zur Aufwertung des Glacis erhält. Das entspricht der beantragten Summe von rund 633.000 Euro. Insgesamt sind 791.000 Euro an Kosten berechnet worden. 20 Prozent trägt die Stadt Minden.
Die Mittel kommen aus dem Städtebauförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen, welches durch den Bund mitfinanziert wird. Die Zusage an die Stadt Minden erfolgte im vergangenen Sommer vorbehaltlich des Inkrafttretens der Verwaltungsvereinbarung „Städtebauförderung 2022” - nach Gegenzeichnung durch alle 16 Bundesländer. Das ist nun in 2022 geschehen. Daher konnte jetzt die offizielle Übergabe erfolgen. Die Präsidentin der Bezirksregierung Detmold, Anna Katharina Bölling, überreichte den Förderbescheid am Freitag, 13. Januar, im Rathaus an Bürgermeister Michael Jäcke.
„Ich schätze das Glacis sehr und freue mich als Regierungspräsidentin und Bürgerin Mindens diese Mittel ganz persönlich zu überbringen“, strich Bölling heraus. Die Glacisrunde sei sie schon unzählige Male gelaufen, verriet die Präsidentin in einem Pressetermin. Auch Bürgermeister Michael Jäcke läuft regelmäßig und gehört zu den häufigen Nutzern des Glacis. Besonders wichtig ist ihm, dass es künftig eine weitgehend getrennte Wegeführung für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gibt. Die Aufwertung des gesamten Glacis‘ werde die Stadt und die Städtischen Betriebe, die die Planungen ausführt, noch die einige Jahre beschäftigen. „Wir haben ein großes Ziel vor Augen“, so Jäcke. Der Waldpark rund um die Innenstadt müsse „fit für die Zukunft“ gemacht werden.
Basis für eine mögliche Förderung ist das städtebauliche „Pflege- und Entwicklungskonzept für das Glacis“, das der Rat im September 2020 einstimmig beschlossen hat. Dem voraus ging ein längerer Planungsprozess, in den auch die Bürgerschaft eng einbezogen war. Mit der Umsetzung - in mehreren Bauabschnitten - wird nun begonnen. „Diese Förderung ist ein guter Beginn für die Erhaltung und die künftige Entwicklung des Glacis - in Anbetracht der aktuell bestehenden und künftigen Klimaveränderungen. Der Rat der Stadt hat das Konzept beschlossen und wir freuen uns, dass es jetzt richtig losgehen kann“, sagt der Beigeordnete für Städtebau und Feuerschutz, Lars Bursian. Bereits seit einigen Jahren seien längere Hitzeperioden und Trockenheit eine große Herausforderung für städtisches Grün, weiß Beigeordneter und Betriebsleiter Peter Wansing (Städtische Betriebe Minden).
Mit der Umsetzung der geförderten Maßnahme wartet die Stadt nicht lange. Denn schon in dieser Woche geht es im Fischerglacis - das ist der Bereich zwischen Hermannstraße und Marienstraße - mit ersten Fällarbeiten los. Diese müssen in der Vegetationspause und bis spätestens 28. Februar erfolgen. 30 größtenteils marode Bäume werden ab dem 16. Januar von einem beauftragten Unternehmen gefällt, kündigen die Städtischen Betriebe Minden (SBM) an. „Aber auch einige wildgewachsene Bäume sind darunter. Diese haben großen und alten Buchen seit Jahren Platz und Licht weggenommen“, berichtet Gartenbautechniker René Kreß aus dem Bereich Grünflächen und Bestattungswesen der SBM. Zwei bedeutungslose Bäume müssen ebenfalls gefällt werden, weil sie der künftigen Wegeführung im Weg stehen.
Die Fördermittel und 20 Prozent Eigenmittel der Stadt werden in diesem und auch im nächsten Jahr für Baumfällungen, Grünschnitt, für klimaresistente Neuanpflanzungen, die Entschlammung des Teiches im Fischerglacis, die Erneuerung der Uferböschung dort, für die Erneuerung der Marienquelle, für neue Wege mit wassergebundener Decke und Pflasterarbeiten ausgegeben. Im Vordergrund der getrennten, in Teilen aber auch der gemeinsamen Wegeführung steht die verbesserte Barrierefreiheit im Glacis.
Mit der Umsetzung des Konzepts will die Stadt nicht nur auf Klimaveränderungen und deren Folgen reagieren. Es geht auch um weitere Schadensbegrenzung - bezogen auf den vom Gutachter festgestellten hohen Nährstoffgehalt im Boden des Glacis‘. Dieser wurde in der Vergangenheit durch Niederschlag/Luft und Blattmasse, aber auch durch den Eintrag von Menschen und Hunden gefördert. „Der Nährstoffgehalt ist unbedingt zu reduzieren“, weiß René Kreß. Denn das Glacis sei längst nicht so artenreich, wie man denke, und der Boden leide unter dem hohem Nährstoffeintrag. Das führe zu geringerem Wurzelwachstum, insbesondere weniger Feinwurzeln. Daraus resultierten Kronenverlichtungen und eine höhere Anfälligkeit der Bäume gegen Windwurf und Trockenheit.
Das Glacis in Minden ist ein wertvoller und wichtiger Grüngürtel in der Mitte der Stadt, das von sehr vielen Menschen genutzt und geschätzt wird. Mit den Maßnahmen des Pflege- und Entwicklungskonzeptes soll der Waldpark ökologisch wertvoll für die Zukunft aufgestellt werden. Das wird nun im ersten Abschnitt Fischerglacis umgesetzt und auch für die Bewohner*innen deutlich sichtbar.
Vor der eigentlichen Umsetzung gab es vorbereitende Arbeiten. So erfolgte die Sichtung von zu fällenden Bäumen im Herbst 2022. Zudem wurden Bodenproben auf Testflächen für die Laubentnahme genommen, um den Nährstoffgehalt zu ermitteln. Auch haben die SBM im Botanischen Garten einen Bereich angelegt, in dem klimaresistente Bäume wachsen und beobachtet werden. Weiter gab es eine Untersuchung des Teiches hinter der Kaiservilla. „Wir wissen nun, dass es möglich ist, diesen ohne ökologische Schäden abzupumpen und zu entschlammen,“ so Gartenbautechniker Kreß. Im Anschluss an diese Arbeiten soll der Teich über einen neuen Weg besser zu erreichen sein. Es wird dort künftig auch einen kleinen Aufenthaltsbereich geben.
Weitere Informationen zum Pflege- und Entwicklungskonzept
Grundlage für die Entwicklung des Glacis bildet das 2018/19 in einem breiten Beteiligungsprozess erarbeitete Pflege- und Entwicklungskonzept Glacis vom Planungsbüro Ehrig. Dieses hat der Rat der Stadt im September 2020 einstimmig beschlossen. Inhalt des Konzeptes ist es, einerseits den Charakter des Waldparks wiederherzustellen und andererseits die unterschiedlichen Nutzungsansprüche - von beispielsweise Erholungssuchenden, Sportlern oder auch Spaziergängern an die Grünanlage - zu integrieren. Auch das Thema Barrierefreiheit wird der Umsetzung der Planungen berücksichtigt.
Ein wichtiges Ziel ist weiter die Erhöhung der Artenvielfalt, die Gewährleistung eines größeren Strukturreichtums sowie eine gesteigerte Vitalität der Altbäume. Dieses müsse unter Beachtung des Natur- und Denkmalschutzes geschehen, so der Bereich Stadtplanung und Umwelt. Es ist geplant, Fuß- und Radwege zu erneuern, Sukzessionsgehölze zu entfernen und Blickbeziehungen zu schaffen.
Für die künftige getrennte Wegeführung von Radfahrern und Fußgängern müssen einige Wege neu erschlossen werden und andere werden dafür zurückgebaut. Radfahrende sollen künftig auf 2,50 Meter breiten gepflasterten Wegen fahren und die Fußgänger*innen auf 2,20 Meter breiten Wegen mit wassergebundener Decke gehen können. Auch die Straßenquerungen sollen an einigen Stellen angegangen werden. So wird derzeit die Goebenstraße im Bereich des Glacis untersucht, wie ein einfacheres Queren für Zufußgehende und Radfahrende möglich werden kann.