Sichtlich stolz sind Vorstand und Kuratorium der Günter Cassel Stiftung über die aktuelle Neu-Erwerbung, die jetzt im Mindener Museum präsentiert wurde: ein nahezu lebensgroßes Porträt von Herzog Ferdinand von Braunschweig aus dem Jahr 1760. Das Ölgemälde von Johann Heinrich Tischbein dem Älteren konnte Vorstand Jan-Nicolai Klement am 4. Dezember 2021 auf einer Versteigerung des Kunstauktionshauses Schloss Ahlden/Niedersachsen erstehen. Es befand sich zuvor seit Jahrzehnten in niedersächsischer Privatsammlung. Nun ist das Bild mindestens für eineinhalb Jahre im Levi-Zimmer des Mindener Museums an der Ritterstraße zu bewundern.
Die Günter Cassel Stiftung hat nunmehr seit dem Jahr 2000 insgesamt 22 Kunstwerke namhafter deutscher Maler und Zeichner erworben. Sie werden dem Mindener Museum als Dauerleihgabe überlassen. Die gemeinnützige Stiftung hat den Zweck, den Kunstbesitz des Mindener Museums zu mehren und zu fördern. Sie ist benannt nach dem Privatier und Stiftungsvater Günter Cassel - geboren am 15. September 1915 in Minden, gestorben am 13. November 1990 in Berlin. Mit letztwilliger Verfügung rief er die Stiftung nach seinem Tod ins Leben und brachte seinen gesamten Nachlass in das Stiftungsvermögen ein.
Im Stiftungszweck ist festgelegt, dass insbesondere Kunstwerke namhafter deutscher Maler des 19. Jahrhunderts und Darstellungen mit Bezug auf die Stadt Minden und deren Umgebung aus den Erträgen des Stiftungsvermögens angeschafft werden sollen. Seit 2015 dürfen satzungsgemäß auch andere Kunstwerke angeschafft werden, wobei Vorstand und Kuratorium weiterhin großen Wert auf den Ortsbezug zu Minden und Umgebung legen. „Trotz der seit einiger Zeit stark rückläufigen Zinserträge bei den konservativen Anlageformen verfügt die Stiftung aufgrund ihrer guten Erträge in der Vergangenheit und der umsichtigen Ausgabepolitik weiterhin über Finanzmittel, die auch zukünftig qualitativ hochwertigen Kunsterwerb zu Gunsten des Mindener Museums ermöglichen wird“, so Jan-Nicolai Klement.
Dabei komme der Stiftung – anders als derzeit vielen anderen Stiftungen – zu Gute, dass keinerlei Personalkosten anfallen, da alle Verantwortlichen ehrenamtlich tätig sind und auch der anfallende Sachkostenaufwand überschaubar sei, so Klement. Vorstand und Kuratorium werben jedoch gleichwohl um Zustiftungen, um auf diese Weise einen wertvollen Beitrag zum Erhalt und der Förderung von Kunst und Kultur in und für die Region zu leisten. Perspektivisch würde die Stiftung die erworbenen und qualitativ hochwertigen Werke – darunter auch vier Bilder von Wilhelm Busch – gerne dauerhaft der interessierten Öffentlichkeit präsentieren. Dafür wären geeignete Räumlichkeiten erforderlich, die idealerweise in der oberen Altstadt gelegen sein könnten. Die weiteren 21 Kunstwerke befinden sich derzeit im Depot des Museums und werden in Zeitabständen wiederkehrend in Sonderausstellungen gezeigt.
Das neu erworbene Kunstwerk ist ein „besonderer Schatz“ und nicht nur das vom Format her größte Gemälde im Eigentum der Stiftung. „Tischbein war einer der bedeutendsten und gefragtesten Porträtisten des 18. Jahrhunderts“, berichtet Kuratoriumsmitglied Hans Peter Korth, auch Vorsitzender des Mindener Kunstvereins. Das Gemälde zeigt den Herzog von Braunschweig (1721-1792) in seinen mittleren Lebensjahren. Er war General und Oberkommandierender der alliierten Truppen in der bedeutenden „Schlacht bei Minden“ 1759 während des Siebenjährigen Krieges. Diese ist im Hintergrund des Bildes angedeutet.
Der Herzog trägt keine militärische Uniform, sondern eine „zivile Robe“. Er präsentiert sich auf dem Gemälde in einer roten, goldbestickten, langen Jacke und gleichfarbigen Hosen. Über die linke Schulterseite gelegt trägt er einen weiten, blauen Mantel mit dem Stern des Hosenbandordens und die korrespondierende blaue Ordensschärpe mit dem kleinen Ordensabzeichen des Heiligen Georg. „Sein militärischer Rang bleibt durch den angelegten Kürass, die Stiefel, den Feldherrenstab und die angedeutete Schlacht im Hintergrund klar erkennbar“, erläutert Museumsleiter und Kuratoriumsmitglied Philipp Koch bei einem Pressetermin.
Anlass zu dem Rokoko-Repräsentations-Porträt, die seinerzeit vielfach von Adeligen angefertigt wurden, dürfte die Verleihung des Hosenbandordens im Jahr 1759 nach der vom Herzog erfolgreich geführten „Schlacht bei Minden“ gewesen sein, vermuten die Experten. Das Gemälde ist sehr gut erhalten. Der Rahmen ist wahrscheinlich nicht so alt und stammt wohl aus dem 19. Jahrhundert, schätzt Museumsleiter Koch. „Wir freuen uns, dass es gelungen ist, dieses bedeutende Werk für die Sammlung zu ersteigern und begrüßen den Herzog ganz herzlich in Minden“, sagte Kuratoriumsmitglied Dr. Joachim Gerd Stange bei der Vorstellung.
Johann Heinrich Tischbein der Ältere – es gibt noch einen Neffen gleichen Namens, der Jüngere genannt, von dem die Stiftung bereits vor Jahren ein Gemälde erwerben konnte, - wurde 1753/54 Hofmaler des Landgrafen von Hessen-Kassel. Von Kassel aus reiste er zu Porträtaufträgen an andere Fürstenhöfe. 1760 weilte er im Gefolge des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel in Braunschweig, um Bildnisse der Herzogsfamilie auszuführen. In diesem Kontext dürfte auch das nun von der Stiftung erworbene Gemälde entstanden sein. „Es gibt noch zwei ähnliche, die im Besitz des ,Statens Museum for Kunst‘ in Kopenhagen und der ,Royal Collection‘ sind“, weiß Vorstand Jan-Nicolai Klement. Beide stammen vermutlich auch aus dem Jahr aus dem Jahr 1760.
Der dargestellte Herzog Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel hatte als vierter Sohn des Herzogs Ferdinand Albrecht II. nicht die Möglichkeit, über das gleichnamige Herzogtum zu regieren und schlug daher eine militärische Laufbahn ein. Er war ein Schwager König Friedrich II. von Preußen, kämpfte im Zweiten Schlesischen Krieg (1745-1746) und als General im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zunächst erfolgreich in preußischen Diensten. Im November 1757 erhielt er auf Bitte seines Cousins, des britischen Königs Georg II., den Oberbefehl über die alliierte Armee (Braunschweig-Lüneburg, Großbritannien, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hessen-Kassel, Sachsen-Gotha-Altenburg, Schaumburg-Lippe und Preußen). Diese schlug am 1. August 1759 unter seinem Kommando in der „Schlacht bei Minden“ ein französisch-sächsisches Heer unter dem Marschall von Frankreich de Contades.
Schlacht bei Minden
Der erbitterte Kampf im Mindener Norden, der tausende Soldaten und einige hundert Offiziere das Leben kostete, dauerte nur wenige Stunden. Mit dem Sieg verhinderte der Herzog von Braunschweig die drohende Wiedereroberung des gesamten Kurfürstentums Hannover durch die Franzosen und trug so maßgeblich zum für Großbritannien erfolgreichen Ausgang des Krieges bei. Auswirkungen hatte der Ausgang der Schlacht auch auf die Kolonien in Nordamerika und Indien, die Frankreich an England verlor.
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