Der erste von drei Bauabschnitten des größten Einzelprojekts der Stadt Minden ist auf der Ziellinie: die Sanierung des Rathaus-Komplexes, der aus sechs Gebäudeteilen besteht. Alle Teile stehen unter Denkmalschutz. Die im Juni 2019 begonnene, komplizierte Sanierung geht nun in eine nächste Phase. „Der zweite Bauabschnitt wird jetzt unmittelbar begonnen“, berichtete Stadtkämmerer Norbert Kresse im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss. Es gebe noch Verzögerungen im Ausbau des Konferenzbereiches und bei den laufenden Arbeiten im Historischen Rathaus. Die Büros im sanierten ersten Abschnitt des Deilmannbaus können jetzt bezogen werden.
Dass Bauen im Bestand und unter Beachtung des Denkmalschutzes schwierig ist – das hatte Stadtkämmerer Norbert Kresse schon bei früheren Berichten im Haupt- und Finanzausschuss betont. Dass Bauen im Bestand – vor allem ohne vorliegende Pläne außer für den Rathaus-Neubau - auch Überraschungen mit sich bringt, war bekannt und wurde in die Finanzplanung mit eingepreist. Dass es aber trotz 180 Bauteilöffnungen vor der eigentlichen Bauphase sowie sorgfältiger Planung, Ausführung und Kostenberechnungen weitere „Unbekannte“ gibt - damit war so nicht zu rechnen. Das räumte Stadtkämmerer Kresse nun im Ausschuss ein.
Zu den aktuell berechneten Mehrkosten für die Sanierung in Höhe von 3,5 Millionen Euro plus 2,8 Millionen Euro als Reserve für Unvorhergesehenes führten vor allem Probleme mit der Statik, die schlechtere Bausubstanz und große Mengen an Schadstoffen, die teuer entsorgt werden mussten. „Wir kannten die Schadstoffarten, da gab es keine Überraschungen, aber die Mengen waren so nicht vorhersehbar gewesen“, sagt Kresse. Auch die längere Bauzeit – momentan gibt es eine Verzögerung bei der Ausführung von acht Monaten – wirkt sich auf die Kosten aus. „Wir gehen nach derzeitigem Stand davon aus, dass im August 2023 alles fertig ist“, so der Stadtkämmerer.
Mit der eingerechneten Reserve von 2,8 Millionen Euro, die nach politischem Beschluss mit einem Sperrvermerk in Höhe von 1,3 Millionen Euro versehen wurde, kostet die Sanierung des Rathaus-Komplexes nun knapp 48 Millionen Euro. „Bei einer Abschreibung im Zeitraum von 30 Jahren bedeutet das für alle Einwohner*innen dieser Stadt 1,3 Millionen Euro an Belastung pro Jahr“, so Kresse. Für die Instandhaltung des Rathauses ohne durchgreifende Sanierung waren jährlich 1,5 Millionen Euro vorgesehen. „Da sind wir also noch im Rahmen.“
Die Stadt und ihre Bürger*innen bekommen, wenn alles fertig ist, ein nahezu neuwertiges Rathaus. „Zur begonnenen Sanierung gibt es leider keine Alternative“, machte Kresse deutlich. Es könne nicht am Ende auf die Sanierung eines Gebäudeteils verzichtet werden, weil der neue Standard auf den gesamten Komplex gelegt worden sei und alle Arbeitsplätze modern sein sollen.
Nach kurzer Diskussion beschlossen die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses einstimmig, das zusätzliche Geld für die Sanierung und die Neugestaltung der Bürgerhalle bereitzustellen. Bislang war mit Kosten in Höhe von 41,7 Millionen Euro gerechnet worden.
Die Sanierung des Rathauskomplexes wurde im März 2013 beschlossen. Nach Kostenschätzungen und ersten Kostenberechnungen war im September 2016 ein Kostenrahmen in Höhe von 35 Millionen Euro festgelegt worden. Dieser musste mehrfach erhöht werden - nach allgemeinen Baukostensteigerungen, Änderungen in den Planungen, einer zusätzlichen energetischen Sanierung, für die es Fördermittel gab, sowie Mehrkosten für Brandschutz und einer Vielzahl von Bauteilöffnungen. Positiv wirke sich im Gesamtpaket aus, dass die Finanzierung durch geringere Kredit-Zinsen günstiger werde, so Kresse.
Weitere gute Nachrichten hatte der Stadtkämmerer am Ende seines Berichtes: Für die Sanierung der denkmalgeschützten „Alten Regierung“ am Großen Domhof hat die Stadt jetzt vom Bund eine Förderzusage über 600.000 Euro erhalten. Der Betrag ist bereits in die neuen Berechnungen eingeflossen. Und: Auf Nachfrage bestätigte Kresse, dass geplant ist, das ehemalige Rats-Café und die frühere Wein-Bar im Erdgeschoss des Komplexes zu revitalisieren. Ein Konzept dafür sei in Arbeit.
Das „Plus“ für Minden in der Bürgerhalle
„Karo einfach“ sollte sie nun doch nicht sein. Für die Neugestaltung der Bürgerhalle aus dem Jahr 1976/77 waren ursprünglich 250.000 Euro eingeplant gewesen. „Dafür hätte es einen größeren Tresen, Schränke und Büroausstattung gegeben“, so Stadtkämmerer Norbert Kresse. Doch nachdem feststand, dass die Minden Marketing GmbH (MMG) in die Räumlichkeiten des Rathauses als Mieterin einzieht und es einen gemeinsamen Empfang sowie eine gemeinsame Nutzung der Bürgerhalle für Touristen und Bürger*innen geben soll, wurde die ursprüngliche und einfache Planung überdacht.
So beauftragten Stadt und MMG für eine Neugestaltung das Büro „Erlebnisplan“ aus Köln. An aktuellen Kosten wurden rund 800.000 Euro berechnet. Das sei zwar drei Mal so teuer, aber bestimmt auch mehr als drei Mal besser, hob Stadtkämmerer Norbert Kresse hervor. Es gehe hier um „die Visitenkarte“ Mindens als Anlaufpunkt für Touristen und zentrale Information für alle Bürger*innen und Bürger. Das sahen größere Teile der politischen Vertreter*innen auch so und stimmten den Mehrkosten zu.
Stephanie Fähnrich von „Erlebnisplan“ stellte die Detailplanungen im Haupt- und Finanzausschuss am 25. Februar vor. Danach sollen moderne Eichenmöbel, Info-Inseln, ein großes, interaktives Stadtmodell, eine Kulturzeile, eine digitales Poster-Leinwand, Treppen-Sitzmodule sowie Aufenthaltsbereiche mit Lademöglichkeiten für mobile Geräte in die Bürgerhalle einziehen. Das „Plus für Minden“ – Bestandteil des städtischen Logos – findet sich zum Beispiel in den Info-Tischen und auch in den Leuchten über dem Empfangsbereich wieder. Gedacht ist auch an eine Kaffee-Ecke und einen Spielbereich für Kinder.
Planerin Stephanie Fähnrich hat sich im Vorfeld nicht nur mit der denkmalgeschützten Bürgerhalle in den Farben grau (Boden) blau und orange sowie dem Corporate Design auseinandergesetzt, sondern auch intensiv mit der Geschichte Mindens. Besonders fasziniert sei sie von der Gründungslegende „Min + Din“ gewesen. Diese sei „armöffnend“, das Plus im Logo „verbindend“. Beides passe hervorragend zu einem gemeinsamen Ort der Begegnung, der die Bürgerhalle künftig für Touristen und Bürger*innen sein soll, so Fähnrich. Stadt und MMG bespielen eigene Inhalte in der Bürgerhalle - aber aus einem Guss.
Der Architekt des Rathaus-Neubaus aus den 1970er Jahren, Harald Deilmann, wollte mit der Bürgerhalle einen fließenden Übergang von außen nach innen schaffen, so Kresse. Diese Idee findet sich unter anderem in der fortgeführten Pflasterung vom Kleinen Domhof in die Bürgerhalle wieder. In der erweiterten Planung ist vorgesehen, die Idee von Deilmann weiterzuführen und zum Beispiel die Möblierung außen an die Möblierung innen anzupassen. Hierfür und für die Gestaltung des Innenhofes will die Stadt Minden auch Städtebaufördermittel beantragen, so Kresse abschließend.
Pressestelle der Stadt Minden, Susann Lewerenz, Telefon 0571 89204, pressestelle@minden.de