„Kompetenz bedeutet, dass Wissen in Handeln umgesetzt wird“, so fasst Horst Selle das Ziel der Sekundarschule Am Wiehen zusammen. Er ist Schulentwicklungsberater aus Bielefeld und begleitet seit gut einem Jahr den Prozess für die neue Sekundarschule in Minden. Am Standort in Häverstädt soll bis zum Schuljahr 2023 ein Campus entstehen, an dem Kinder von der Kita über die Grundschule bis zur Sekundarstufe ihre gesamte Bildungskarriere an nur einem Ort gestalten können. Sie wird eine Schule des längeren gemeinsamen Lernens sein, an der Mädchen und Jungen sich und ihre Talente entwickeln können.
Was ist eine Sekundarschule?
Die Sekundarschule arbeitet wie eine Gesamtschule, nur ohne eigene Oberstufe. Die Kinder lernen von Klasse fünf bis zehn gemeinsam und können dort alle Abschlüsse machen. Für den gymnasialen Abschluss geht sie eine verbindliche Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ein. Vorgesehen sind hier die Kurt-Tucholsky-Gesamtschule, mindestens ein städtisches Gymnasium und ein Berufskolleg. Als gebundene Ganztagsschule wird an mindestens drei Nachmittagen Unterricht angeboten. „Kinder und Jugendliche sind sehr gut in der Lage nachmittags nochmal gut kognitiv zu arbeiten und Lernstoff aufzunehmen“, weiß Philipp Knappmeyer. Er leitet den Bereich Bildung bei der Stadt Minden und ist Mitglied in der Steuerungsgruppe
Die Steuerungsgruppe besteht aus vielen Expert*innen, die an der Schulentwicklung arbeiten. Schulleitungen und Lehrkräfte verschiedener Schulen aus Minden und Umgebung und Fachleute der Stadt Minden planen die neue Schule gemeinsam. Das individualisierte Lernen soll der Schwerpunkt der Sekundarschule sein. Damit verbunden sind die Ziele, dass jedes Kind die bestmögliche Bildung bekommt, ihre bzw. seine Potenziale entdecken und ausschöpfen kann und auf ein lebenslanges Lernen vorbereitet wird. Konkret bedeutet das, dass die Schüler*innen sich zu eigenständigen Persönlichkeiten entwickeln sollen, die neugierig sind, Verantwortung übernehmen und Ehrgeiz zeigen.
Ein Blick in den Stundenplan zeigt ganz deutlich, dass das pädagogische Konzept zu 100 Prozent auf die Schülerinnen und Schüler ausgerichtet ist, unterstreicht Knappmeyer. Los geht der Schultag mit einem „Offenen Anfang“. Das ist die Zeit zwischen dem Eintreffen der Kinder im Klassenraum und dem tatsächlichen Beginn des Unterrichts. Hier ist Platz für Kontakte zu Freunden, für ein Gespräch mit einer Lehrkraft oder der Schulsozialarbeit. Das ermöglicht den Kindern einen entspannten Start in den Tag. „Wir legen großen Wert auf den Wechsel zwischen Spannung, also Fachunterricht und Entspannung, also offene Angebote“, sagt Horst Selle. Dabei wird nicht im klassischen 45-Minuten-Takt gedacht, sondern eine Unterrichtseinheit hat 90 Minuten. Das macht es möglich den Kindern mehr Raum zum Lernen zu geben. Angepasst sind auch die Lernmaterialien. Für jedes Niveau gibt es unterschiedliche Lernmaterialien. Kinder bekommen den Raum sich individuell zu entwickeln und können in der Sekundarschule bis einschließlich zur neunten Klasse nicht „sitzenbleiben“.
Das individuelle Lernen spiegelt sich auch im Schulgebäude wieder, das heißt, dass die Sekundarschule keine klassische Flurschule ist. Die Gänge und Räume werden so gestaltet, dass Lernen in unterschiedlichen Settings möglich ist. So entstehen Lern- und Lebensräume mit gemeinsam genutzten Flächen und Sichtbeziehungen zueinander. In diesen sogenannten Clustern werden zwei Jahrgänge gemeinsam untergebracht. Darüber hinaus stehen Lehrer-Team-Stationen und Differenzierungsräume zur individuellen Unterstützung zur Verfügung. „Jeder Platz im Gebäude wird so genutzt, dass er eine pädagogische Funktion hat“, unterstreicht Norbert Kresse, Stadtkämmerer, der neben der Gebäudewirtschaft auch kommissarisch den Bereich Bildung vertritt. Für den Außenbereich läuft gerade die Vorentwurfsplanung, aber erste Ideen könnten unter anderem sein, dass es einen offen Platz für Schulfeste und Feiern gibt, einen Fußball- und Basketballplatz, einen Schulgarten mit einem Grünen Klassenzimmer und Hängematten zum Zeitvertreib in den Pausen.
Für die verkehrstechnische Anbindung der Sekundarschule kündigt Kresse eine verbesserte Erschließung des Bereichs an. Wenn die Schule 2023 „am Netz ist“, dann wird es definitiv eine optimierte Zuwegung geben, sagt er. Außerdem steht der Glasfaserausbau auch im Fokus. Der Ausbau mit einer schnellen und stabilen Internetanbindung ist für die Mindener Schulen bereits beauftragt – das gilt auch für die Sekundarschule Am Wiehen. Das ist für die digitale Schule auch notwendig. Denn die Klassenräume sollen so ausgestattet werden, dass moderner und multimedial gestalteter Unterricht stattfinden kann. Die Schüler*innen erlernen am Campus Häverstädt Fähigkeiten für ein erfolgreiches Leben und Arbeiten in einer digitalisierten Welt. Denn es wird großer Wert auf die digitale Bildung und Medienkompetenz gelegt.
Damit die Sekundarschule auch aufwachsen kann, muss noch eine ganz wesentliche Hürde übersprungen werden - die Elternbefragung. Ab dem 28. September wird an alle Mindener Eltern mit einem Kind in der dritten und vierten Klasse ein Fragebogen verschickt. Das sind in Minden rund 1.500 bis 2.000 Briefe. Die Elternbefragung ist wichtig, weil sie die Voraussetzung dafür ist, dass die Sekundarschule Am Wiehen gegründet wird. Das geht aber nur, wenn Eltern diese Schulform für ihr Kind auch gut finden. Möglichst viele Eltern sollen sich für eine Anmeldung an der neuen Sekundarschule entscheiden. Es müssen mindestens 75 „Ja“-Stimmen abgegeben werden. Die Elternbefragung ist aber nur eine Absichtserklärung und keine verbindliche Anmeldung, unterstreicht Tim Hahnefeldt, Schulentwicklungsplaner bei der Stadt Minden.
In den Herbstferien (12. Oktober bis 23. Oktober 2020) werden die Fragebögen ausgewertet. Danach wird das Ergebnis im Bildungsausschuss am 27. Oktober mitgeteilt. Sind die 75 „Ja“- Stimmen zusammengekommen, dann wird ein Beschluss für das Aufwachsen der Sekundarschule Am Wiehen gefasst und die jetzige Käthe-Kollwitz-Realschule läuft aus. Weil das Schulgebäude dann erst noch gebaut werden muss – der Neubau beginnt 2021, heißt das für die ersten beiden Jahrgänge, dass sie im Haus der Bildung zur Schule gehen werden. Dort haben sie bereits jetzt schon ein modernes und digitales Lernumfeld in einem zeitgemäßen und voll ausgestattetem Gebäude. Der Wechsel an den Campus Häverstädt soll im dritten Jahrgang, ab August 2023, vollzogen werden.
Wer weitere Informationen zur Sekundarschule Am Wiehen sucht, kann unter www.minden.de/sekundarschuleamwiehen nachschauen. Dort gibt es auch einen Link zum YouTube-Kanal der Stadt Minden, auf dem man sich das Musikvideo zur Sekundarschule „Jonas Pütz – Jedes Talent“ ansehen kann.
Pressestelle Stadt Minden, Katharina Heß, pressestelle@minden.de, Tel.: +49 571 89-240.