Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der vollständigen Niederlage des nationalsozialistischen Deutschlands. Viele Städte lagen nach tausenden Bombenangriffen der Alliierten in Trümmern. Auch Minden wurde in den letzten Wochen des Krieges hart getroffen. Größere Teile der Innenstadt - auch das Rathaus und der Dom - sowie der Mittellandkanal waren zum Kriegsende am 8. Mai stark zerstört.
„75 Jahre Kriegsende bedeutet aber auch seit 75 Jahren Frieden in weiten Teilen Europas“, sagt Bürgermeister Michael Jäcke. Der 9. Mai sei der Tag, an dem auch in Minden – trotz vieler Opfer und trotz großer Zerstörungen in der Stadt – der Frieden wieder eingekehrt war. Keine/r musste mehr Angst vor Bombenangriffen, vor Terror und Gewalt haben. Dafür kam anderes Leid über die Menschen: Obdachlosigkeit, Hunger, Trauer und die Ungewissheit, wer von der Familie und den nahen Verwanden überlebt hat.
In diesen Tagen wurde in nahezu allen Medien viel über das Ende des Zweiten Weltkrieges berichtet. Vor zwei Jahren stand das Ende des Ersten Weltkrieges 1918 im Fokus. Dazu trafen sich – 100 Jahre danach - im November 2018 Vertreter*innen der Mindener Partnerstädte in Gagny/Frankreich bei einer Gedenkveranstaltung. Dabei wurden auch die Schlachtfelder an der Somme besichtigt. „In einem französischen Schützengraben entstand die Idee, nicht nur immer wieder an Kriege, Schlachten und Opfer zu erinnern, sondern dem eine Erinnerungskultur an 75 Jahre Frieden gegenüber zu stellen“, berichtet Heinrich Wiese, stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung Internationaler Städtepartnerschaften e.V. (GeFIS).
Daraus sei 2019 ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Stadt Minden erarbeitet worden. Anfang September sollte in Minden unter dem Titel „75 Jahre Frieden“ eine Konferenz in Minden mit Vertretern verschiedener Organisationen aus den Partnerstädten stattfinden. Diese musste aktuell vor dem Hintergrund der Corona-Krise auf den 8. Mai 2021 verschoben werden; der Titel ist umbenannt auf „76 Jahre Frieden“.
Bürgermeister Michael Jäcke hat für das gesamte Projekt und die Konferenz die Schirmherrschaft übernommen. „Das war eine tolle Idee, sich auf diese Weise inhaltlich mit 75 Jahren Frieden in Deutschland und den Ländern der EU auseinanderzusetzen und hier auch regionale Aspekte einzubringen“, so Jäcke. Der 8. Mai als Jahrestag sei in seiner historischen Bedeutung ein wichtiges Datum in der deutschen Geschichte, vergleichbar nur mit dem 9. November.
Ein Höhepunkt der mehrtägigen Veranstaltung im September 2020 sollte die Enthüllung der „Europäischen Friedensuhr“ am Rathaus sein, auf die seit dem 8. Mai 2020 ein Banner hinweist. Es hängt – sichtbar vom Scharn – an einem Gerüst vor dem Resttrakt des ehemaligen Gebäudeteils A des Rathauses (früheres Gerichtsgebäude aus den 50er Jahren). Hier soll – nach dem Ende der Sanierungsarbeiten am Rathaus – 2020 die digitale Uhr angebracht werden. Ein konkreter Termin dafür steht noch nicht fest.
Die Uhr zählt die Dauer des Friedens in Jahren, Tagen, Stunden, Minuten und Sekunden im Zentrum der Stadt. „Dieser Ort wurde in Abstimmung mit der Denkmalbehörde ausgewählt, auch weil am Scharn die Zerstörungen besonders stark waren“, erläutert Stadtkämmerer Norbert Kresse, der auch verantwortlich für die städtische Gebäudewirtschaft ist.
Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Minden haben in ihrer jüngsten Sitzung am 7. Mai das Projekt „Friedensuhr“ und auch die nun für den 8. Mai 2021 geplante Konferenz begrüßt.
„Ein ganz wichtiger Baustein des Friedens ist für uns der europäische Einigungsprozess“, betont Ute Hannemann, Vorsitzende der GeFIS. „Darum haben wir auch den Namen ,Europäische Friedensuhr‘ gewählt, obwohl uns bewusst ist, dass nicht alle Länder in Europa das Glück von 75 Jahren Frieden hatten. Aber viele Staaten in Europa, die Jahrhunderte lang immer wieder Krieg gegeneinander geführt haben, pflegen seit nunmehr 75 Jahren einen freundschaftlichen Umgang und sind heute friedlich miteinander verbunden. Das wollen wir mit der Uhr würdigen“, so Hannemann weiter.
Die GeFIS sei sehr dankbar, dass es für die Uhr und auch eine noch aufzubauende Website eine großzügige finanzielle Unterstützung von drei Lions Clubs gibt. Die andere Hälfte der benötigten 25.000 Euro kommt aus dem Verfügungsfonds „Historische Innenstadt Minden“. Die GeFIS hatte Anfang Januar einen Antrag auf eine Co-Finanzierung bei der Stadt gestellt, der am 18. Februar positiv beschieden wurde. Auf die Uhr wird künftig eine Gedenktafel am Rathaus (Scharn) hinweisen, die mit einem QR-Code versehen ist. „Dieser führt dann auf die Website zu 75 Jahre Frieden in Minden und der Region“, erläutert Heinrich Wiese.
„Die Lions in Deutschland mit ihren 250.000 Mitgliedern haben anlässlich des schwindenden europäischen Zusammenhalts kürzlich eine Grundsatzerklärung zu Europa verfasst“, berichten gemeinsam Sven Thomas, Prof. Dr. Berthold Gerdes und Heike Pötzschke, Präsident beziehungsweise Präsidentin der Lions Clubs Minden, Porta Westfalica und Porta Westfalica-Judica. Europa sei vor allem ein Friedensprojekt, das zu Recht 2012 mit dem Friedensnobelpreis für die Europäische Union gewürdigt wurde. Dieses sei keine Selbstverständlichkeit, sondern bedarf des aktiven Engagement seiner Bürger*innen und Bürger. Vor diesem Hintergrund hätten sich die drei Lions Clubs auch dazu entschieden, das Projekt „Friedensuhr“ zu unterstützen, welches ein „einmaliges Symbol“ für den Frieden in der Region und vermutlich einzigartig in Europa sei.
Pressestelle der Stadt Minden, Susann Lewerenz, Telefon 0571 89204, pressestelle@minden.de